Der philosophische Glaube angesichts der christlichen Offenbarung
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nen Philosophie an sich. Daß man bei wahrer Offenheit hören müsse im Sinne des Of-
fenbarungsglaubens, ist dagegen eine Voraussetzung, die nicht anzuerkennen ist.
Umgekehrt ist zu verwerfen die geläufige These falscher Aufklärung, die abstrakt
und vermeintlich allgemeingültig denkt: Die Philosophie vom Charakter philosophi-
schen Glaubens sei eine Säkularisierung der Theologie, verkappte Theologie. Nein, sie
ist älter als die Bibel und als alle biblische Theologie. Sie hat ihren eigenen Ursprung,
aus dem sie für Motive aus der Bibel zugänglich wird, ohne sich allein auf diese zu
gründen.
7. Der Respekt vor dem Offenbarungsglauben stellt diesen unter Bedingungen
Weil der Offenbarungsglaube unter Menschen in menschlicher Gemeinschaft auftritt,
tritt er unter die Bedingungen solcher Gemeinschaft. Wo diese Bedingungen verletzt
werden, hört der Respekt des philosophischen Menschen auf und tritt ein anderer
Kampf ein.
Diese Bedingungen werden in manchen Worten des Neuen Testaments ausdrück-
lich verworfen. »So jemand zu mir kommt und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib,
Kinder, Brüder, Schwestern, auch sogar sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger
sein« (Lukas 14, 26). | Kierkegaard interpretiert: Der Offenbarungsglaubende sympa- 91
thisiert wesentlich nur mit den Christen. Denn wer seine ewige Seligkeit auf seine Be-
ziehung zu dem Mensch gewordenen Gott gründet, »kann natürlich dieses Verhält-
nis nicht zugleich für einen Narrenstreich ansehen«. Für den, der glaubt, daß es ohne
Glauben an die Menschwerdung Gottes keine Seligkeit gibt, kann es dahin kommen,
daß er Vater und Mutter hassen muß. »Denn gleicht es nicht einem Haß gegen sie,
wenn er seine Seligkeit an eine Bedingung geknüpft hat, von der er weiß, daß sie es
nicht annehmen? ... Er kann bis zum letzten alles für sie tun wollen, kann alle Pflichten
eines treuen Sohnes mit größter Begeisterung erfüllen, so zu hassen befiehlt das Chris-
tentum nicht; und doch wenn diese Bedingung sie trennt, sie für ewig trennt: ist das
nicht, als haßte er sie?«121
Die Bedingungen, unter die der philosophische Glaube den Offenbarungsglauben
stellen muß, sind dagegen erstens die Forderung geistiger Kommunikation, zweitens
die Forderung der nicht störenden Teilnahme an den alle Menschen umfassenden Da-
seinsordnungen.
Erstens: Grundforderung des Menschen als Menschen an den Nächsten ist: Sprich, -
sage, was du denkst, - bringe es mir nah, - antworte auf das, was ich dazu, dagegen sage.
Wenn du aber sprichst, so trittst du damit auf einen gemeinsamen Boden. Ob man
diesen Boden den der Sprache, der Kommunikation, des Denkens, der philosophi-
schen Logik nennt, durch ihn wird dem Aufdecken der Wahrheit keine Grenze gesetzt
als die: sie muß mitteilbar werden oder sie ist nicht.
Abschließende Unwissenschaftliche Nachschrift II, S. 265 (1. Aufl., Diederichs 1910).
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nen Philosophie an sich. Daß man bei wahrer Offenheit hören müsse im Sinne des Of-
fenbarungsglaubens, ist dagegen eine Voraussetzung, die nicht anzuerkennen ist.
Umgekehrt ist zu verwerfen die geläufige These falscher Aufklärung, die abstrakt
und vermeintlich allgemeingültig denkt: Die Philosophie vom Charakter philosophi-
schen Glaubens sei eine Säkularisierung der Theologie, verkappte Theologie. Nein, sie
ist älter als die Bibel und als alle biblische Theologie. Sie hat ihren eigenen Ursprung,
aus dem sie für Motive aus der Bibel zugänglich wird, ohne sich allein auf diese zu
gründen.
7. Der Respekt vor dem Offenbarungsglauben stellt diesen unter Bedingungen
Weil der Offenbarungsglaube unter Menschen in menschlicher Gemeinschaft auftritt,
tritt er unter die Bedingungen solcher Gemeinschaft. Wo diese Bedingungen verletzt
werden, hört der Respekt des philosophischen Menschen auf und tritt ein anderer
Kampf ein.
Diese Bedingungen werden in manchen Worten des Neuen Testaments ausdrück-
lich verworfen. »So jemand zu mir kommt und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib,
Kinder, Brüder, Schwestern, auch sogar sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger
sein« (Lukas 14, 26). | Kierkegaard interpretiert: Der Offenbarungsglaubende sympa- 91
thisiert wesentlich nur mit den Christen. Denn wer seine ewige Seligkeit auf seine Be-
ziehung zu dem Mensch gewordenen Gott gründet, »kann natürlich dieses Verhält-
nis nicht zugleich für einen Narrenstreich ansehen«. Für den, der glaubt, daß es ohne
Glauben an die Menschwerdung Gottes keine Seligkeit gibt, kann es dahin kommen,
daß er Vater und Mutter hassen muß. »Denn gleicht es nicht einem Haß gegen sie,
wenn er seine Seligkeit an eine Bedingung geknüpft hat, von der er weiß, daß sie es
nicht annehmen? ... Er kann bis zum letzten alles für sie tun wollen, kann alle Pflichten
eines treuen Sohnes mit größter Begeisterung erfüllen, so zu hassen befiehlt das Chris-
tentum nicht; und doch wenn diese Bedingung sie trennt, sie für ewig trennt: ist das
nicht, als haßte er sie?«121
Die Bedingungen, unter die der philosophische Glaube den Offenbarungsglauben
stellen muß, sind dagegen erstens die Forderung geistiger Kommunikation, zweitens
die Forderung der nicht störenden Teilnahme an den alle Menschen umfassenden Da-
seinsordnungen.
Erstens: Grundforderung des Menschen als Menschen an den Nächsten ist: Sprich, -
sage, was du denkst, - bringe es mir nah, - antworte auf das, was ich dazu, dagegen sage.
Wenn du aber sprichst, so trittst du damit auf einen gemeinsamen Boden. Ob man
diesen Boden den der Sprache, der Kommunikation, des Denkens, der philosophi-
schen Logik nennt, durch ihn wird dem Aufdecken der Wahrheit keine Grenze gesetzt
als die: sie muß mitteilbar werden oder sie ist nicht.
Abschließende Unwissenschaftliche Nachschrift II, S. 265 (1. Aufl., Diederichs 1910).