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Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung
All, dieser Sprache in der sonst stummen Welt, und sind wir uns selber ungewiß in dem
Sein unserer Freiheit als Nicht-durch-sich-selbst-Sein, sondern als Sichgeschenktwer-
den, dann schafft uns die philosophische Grundoperation gleichsam den Raum, in
dem dies alles seinen Ort und seinen Sinn hat.
4. Das Bewußtsein nach der Umwendung. - Wenn unser Grundwissen in der Umwen-
134 düng sich klar geworden ist, dann kann uns | alles, was für uns ist, wie eine Verschlei-
erung dessen erscheinen, was eigentlich ist, oder als die Verschlossenheit des eigent-
lich Wirklichen.
Die Folge kann sein, daß wir das Leben erfahren, als ob es ein Traum sei. Oder ge-
rade umgekehrt: weil wir den Traum als Traum erfassen, werden wir wach im Bewußt-
sein des Umgreifenden, in dem wir alles, was nur ist, überschreiten.
Aber die Zweideutigkeit des gegenständlichen Ungegenständlichseins kehrt in
neuer Gestalt wieder: Ist Wachwerden die Befreiung aus der Subjekt-Objekt-Spaltung
zum Innewerden des Umgreifenden? Oder ist Wachwerden das Eintreten in die Spal-
tung, durch die erst offenbar wird, was in der Ungespaltenheit des Umgreifenden dun-
kel und stumm bliebe, so als ob es nicht sei? Wachwerden ist nur beides in einem: in
dem in der Zeit unvollendbaren Prozeß des unablässigen Eintritts in die Subjekt-Ob-
jekt-Spaltung, in der es überhaupt erst Klarwerden für uns gibt, und in der ständigen
Vergewisserung des Umgreifenden, aus dem erst alles Sein und Tun in der Spaltung Ge-
halt hat. Wir schlafen in der vom Umgreifenden verlassenen Scheinhelligkeit bloßer
Objektivität und bloßer Subjektivität. Wir schlafen auch in der Dunkelheit des ruhen-
den, bewegungslosen Umgreifenden.
5. Die Verkehrung des in der Umwendung vollzogenen Denkens. - Im Gegensatz zur be-
freienden Umwendung gerät das Philosophieren in eine durch es selber beschränkende
Verkehrung, wenn die Sprache der Erhellung unserer Grundsituation verwandelt wird
in Seinsaussagen.
Dann wird die Grundfrage: was ist das Sein? nicht mehr durch Vergewisserung der
Stätte des Offenbarwerdens des Seins beantwortet, sondern die Antwort durch Objek-
tivierung der an dieser Stätte gewonnenen Vergegenwärtigung in Seinsaussagen, in
eine Ontologie verwandelt.
In der Geschichte des abendländischen Philosophierens sind ständig Sachlichkei-
ten aufgetreten, die unerläßlich für seinen Gang sind. Diese Sachlichkeiten werden
entweder Gegenstände der Forschung wissenschaftlichen Charakters und gewinnen
dann einen eigenständigen, von der Philosophie unabhängigen Grund. Oder sie sind
Chiffern, die nicht Seinserkenntnis, sondern schwebende und verschwindende Spra-
che der Transzendenz bedeuten.
Wenn aber weder Wissenschaft erreicht wird noch der Chifferncharakter anspre-
135 chend ist, dann treten jene Verfestigungen der söge|nannten Lehrstücke auf. Sie wer-
den als Lernbarkeiten behandelt. In ihrer Asche mag noch immer ein Funke verbor-
gen sein. Aber der Umgang mit ihr und den Verstandesarbeiten, die diese erstorbenen
Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung
All, dieser Sprache in der sonst stummen Welt, und sind wir uns selber ungewiß in dem
Sein unserer Freiheit als Nicht-durch-sich-selbst-Sein, sondern als Sichgeschenktwer-
den, dann schafft uns die philosophische Grundoperation gleichsam den Raum, in
dem dies alles seinen Ort und seinen Sinn hat.
4. Das Bewußtsein nach der Umwendung. - Wenn unser Grundwissen in der Umwen-
134 düng sich klar geworden ist, dann kann uns | alles, was für uns ist, wie eine Verschlei-
erung dessen erscheinen, was eigentlich ist, oder als die Verschlossenheit des eigent-
lich Wirklichen.
Die Folge kann sein, daß wir das Leben erfahren, als ob es ein Traum sei. Oder ge-
rade umgekehrt: weil wir den Traum als Traum erfassen, werden wir wach im Bewußt-
sein des Umgreifenden, in dem wir alles, was nur ist, überschreiten.
Aber die Zweideutigkeit des gegenständlichen Ungegenständlichseins kehrt in
neuer Gestalt wieder: Ist Wachwerden die Befreiung aus der Subjekt-Objekt-Spaltung
zum Innewerden des Umgreifenden? Oder ist Wachwerden das Eintreten in die Spal-
tung, durch die erst offenbar wird, was in der Ungespaltenheit des Umgreifenden dun-
kel und stumm bliebe, so als ob es nicht sei? Wachwerden ist nur beides in einem: in
dem in der Zeit unvollendbaren Prozeß des unablässigen Eintritts in die Subjekt-Ob-
jekt-Spaltung, in der es überhaupt erst Klarwerden für uns gibt, und in der ständigen
Vergewisserung des Umgreifenden, aus dem erst alles Sein und Tun in der Spaltung Ge-
halt hat. Wir schlafen in der vom Umgreifenden verlassenen Scheinhelligkeit bloßer
Objektivität und bloßer Subjektivität. Wir schlafen auch in der Dunkelheit des ruhen-
den, bewegungslosen Umgreifenden.
5. Die Verkehrung des in der Umwendung vollzogenen Denkens. - Im Gegensatz zur be-
freienden Umwendung gerät das Philosophieren in eine durch es selber beschränkende
Verkehrung, wenn die Sprache der Erhellung unserer Grundsituation verwandelt wird
in Seinsaussagen.
Dann wird die Grundfrage: was ist das Sein? nicht mehr durch Vergewisserung der
Stätte des Offenbarwerdens des Seins beantwortet, sondern die Antwort durch Objek-
tivierung der an dieser Stätte gewonnenen Vergegenwärtigung in Seinsaussagen, in
eine Ontologie verwandelt.
In der Geschichte des abendländischen Philosophierens sind ständig Sachlichkei-
ten aufgetreten, die unerläßlich für seinen Gang sind. Diese Sachlichkeiten werden
entweder Gegenstände der Forschung wissenschaftlichen Charakters und gewinnen
dann einen eigenständigen, von der Philosophie unabhängigen Grund. Oder sie sind
Chiffern, die nicht Seinserkenntnis, sondern schwebende und verschwindende Spra-
che der Transzendenz bedeuten.
Wenn aber weder Wissenschaft erreicht wird noch der Chifferncharakter anspre-
135 chend ist, dann treten jene Verfestigungen der söge|nannten Lehrstücke auf. Sie wer-
den als Lernbarkeiten behandelt. In ihrer Asche mag noch immer ein Funke verbor-
gen sein. Aber der Umgang mit ihr und den Verstandesarbeiten, die diese erstorbenen