Metadaten

Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0021
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XX

Einleitung des Herausgebers

nären Modus eines Aufzeigens des vermeintlich rechten Weges durch die Vermittlung
vorgefertigter Deutungsmuster erfolgen, sondern erfordert von Anfang an die Ein-
nahme einer eigenständigen, an der Suche nach Wahrheit orientierten Haltung. Jas-
pers erörtert drei Momente wissenschaftlicher Arbeit: Das erste sieht er im Lernen und
Üben, in der Erweiterung des Wissens und in der Beherrschung der Methoden. Damit
aber - und dies ist das zweite Moment - die wissenschaftliche Arbeit mit Sinn erfüllt
sei, bedürfe es der Ideen. Diese verliehen den Erkenntnissen erst ihr Gewicht und dem
Forscher die treibende Kraft.66 Das dritte Moment bildet schließlich das »intellektuelle
und geistige Gewissen« des wissenschaftlichen Menschen, das sich für Jaspers in des-
sen Versuch zeigt, das Zufällige auf ein Ganzes zu beziehen, Kontinuität anzustreben
und zu den tiefsten Gründen der Ideen zu drängen. Die aus diesen drei Momenten be-
stehende Arbeit zu ermöglichen und zu fördern sieht Jaspers als zentrale Aufgabe der
universitären Lehre an.67 Aufschlussreich für das Verständnis seines Grundanliegens
ist in diesem Zusammenhang besonders die Abgrenzung des universitären vom schu-
lischen Bildungsauftrag. Während Schulen die Aufgabe hätten, alle ihr anvertrauten
Zöglinge zu unterrichten und zu erziehen, sei die Universität dazu keineswegs ver-
pflichtet. Ein der Idee gemäßer Sinn der Universitätsbildung spreche sich vielmehr da-
rin aus, dass diese nur einer Auswahl von Menschen zukomme, die von ungewöhnlichem
geistigen Willen beseelt seien.68
§ 2 des dritten Kapitels ist der »Universität als Korporation« gewidmet und enthält
Ausführungen zur Notwendigkeit und zu den Gefahren der Institutionalisierung. Die
ökonomischen Grundlagen sowohl der Institution als auch der in ihr wirkenden Men-
schen werden in §3 analysiert. Dabei beklagt Jaspers die Expropriation einer breiten
Schicht von Rentenempfängern, darunter auch Studenten und Privatdozenten. Der
Verlust der materiellen Grundlage habe verhängnisvolle Folgen für die Lernfreiheit
der Studierenden: Mit der Abhängigkeit von Stipendien falle auch die Freiheit; Schul-
zeugnisse und Strebereigenschaften des Durchschnittsmenschen würden zu entschei-
denden Faktoren der Auslese.69
Das insbesondere ab der zweiten Ausgabe der Idee der Universität prominente Thema
des Verhältnisses zwischen Staat, Gesellschaft und Universität wird von Jaspers in § 4
angelegt. Hier räumt Jaspers ein, dass die Universität die Mittel der Gesellschaft selten
rein zu Forschungszwecken bekomme, sondern »weil Schichten und Berufe der Gesell-
schaft hier geistige Nahrung finden und Ergebnisse der Wissenschaft brauchen kön-
nen«. Die Universität diene immer zugleich der Gesellschaft.70 Mit der Massenwirkung
habe aber historisch auch der Verschulungsprozess zugenommen, der zu einem un-
66 Ebd., 48-49.
67 Ebd., 49.
68 Vgl. ebd., 50.
69 Ebd., 59.
70 Ebd., 61.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften