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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0304
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Hochschulreform?

340

Das Gutachten des Hamburger Studienausschusses
für Hochschulreform311

Das »Gutachten zur Hochschulreform«312 scheint der erste, gründlich durchdachte, in
fruchtbarer Zusammenarbeit ausgezeichneter Männer erwachsene allumfassende Plan
für institutionelle Veränderungen der Hochschule zu sein. Ich zweifle nicht, daß die-
ses Gutachten ein bedeutendes Glied in den Vorbereitungen sein wird, die behutsam
zu treffen sind, bevor man es wagen sollte, die Institution der Universität in ihren Fun-
damenten neu zu begründen.
Ich vermute, daß jeder Leser einen tiefen Eindruck empfängt erstens von der Ge-
sinnung, die die Mitglieder der Kommission befähigt hat, trotz abweichender Voraus-
setzungen zu einem einmütigen Ergebnis zu kommen, - dann von ihrer echten Sorge
um den Nerv deutschen Geisteslebens, das vielleicht in allem Unheil selbständig blei-
ben, schöpferisch wirken und einen noch immer wichtigen Beitrag zu den Wissen-
schaften und Denkungsweisen liefern kann, die der Menschheit gemeinsames Inter-
esse sind. Das Gutachten hat als Gemeinschaftsarbeit einen unpersönlichen Stil, in
dem doch die verständige Besonnenheit der Überlegung und der offenbare gute Wille
unfehlbar zugunsten des Ganzen einnimmt, ja ihm eine gewisse Autorität verleiht.
Um so ernster ist die Frage, ob und wie weit man den Vorschlägen folgen soll. Die
Grundhaltung der Männer, die das Verdienst dieses Gutachtens haben, läßt es zu, diese
Grundhaltung selbst und die Vorschläge rückhaltlos zu diskutieren.
Es ist Vieles und Wesentliches, dem ich ohne Einschränkung zustimme, so das Fol-
gende: Die Überzeugung von der Notwendigkeit und der Möglichkeit einer Reform. -
Das Festhalten an der Freiheit von Forschung und Lehre. - Die Forderung, den verwan-
delten | Wirklichkeiten des sozialen Lebens auch im Leben der Hochschule gerecht zu 341
werden. Diese Forderung soll erfüllt werden erstens durch die Auslese der Studenten
aus allen Bevölkerungskreisen, zumal auch aus den Arbeiterkreisen, um für die Aufga-
ben der Universität die ungewöhnlich Begabten zu gewinnen (ich würde hinzufügen:
um die Aristokratie des Geistes313 wiederzugewinnen, die in Deutschland möglich ist,
und um dem Durchschnittlichen, das jetzt die Universität beherrscht, zu entrinnen).
Zweitens soll der Forderung genügt werden durch die breite Entfaltung der Sozial- und
Staatswissenschaften, der Soziologie und Geschichte, der Wirtschaftswissenschaften
als Forschungs- und Lehrgegenstand. - Trefflich ist die Forderung, an der Universität
die Studenten nicht nur zu Spezialisten auszubilden, sondern zu Menschen zu erzie-
 
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