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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0401
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Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

die Kommunikation. Daher soll die Universität der Rahmen sein, innerhalb dessen
Forscher untereinander und Forscher und Schüler in Verbindung der Diskussion und
der Mitteilung treten. Diese Kommunikation kann der Idee nach am Ende nur die so-
kratische sein, die kämpfend in Frage stellt, damit Menschen sich selbst und sich ge-
genseitig offenbar werden.
Die geistig fruchtbarste Kommunikation wird wirklich in der Freundschaft zu
zweien, in der Liebe und Ehe.394 Die geistige Bedeutung der Männerfreundschaften (die
Brüder Grimm, Schiller und Goethe, Marx und Engels), der Ehe (Schelling-Karoline,
J. Stuart Mill, die Brownings)65 soll hier nicht vergegenwärtigt werden. Wir vergegen-
wärtigen die Aufgaben der Universität.
Die Universität ist die Stätte, an der bedingungslos nach Wahrheit in jedem Sinne
geforscht wird. Der Wahrheit müssen alle Möglichkeiten der Forschung dienen. Weil
das Wahrheitssuchen radikal ist, muß es an der Universität die stärksten geistigen
Spannungen geben. Sie sind eine Bedingung des Voranschreitens. Aber die Spannun-
gen, die zum geistigen Kampf führen, sind sinnvoll durch das gemeinsam Umgrei-
fende, das durch Polaritäten zur Erscheinung kommt. Echte Forscher sind im heftigen
Kampf zugleich solidarisch verbunden.
Das Wahrheitssuchen an der Universität ist von jeder unmittelbaren praktischen
Verantwortung entbunden. Es gibt hier nur die Verantwortung für die Wahrheit selbst.
Die Forscher stehen, indem sie miteinander um die Wahrheit ringen, nicht im Daseins-
kampf miteinander. Das Ringen geschieht in der Ebene des Versuchens und ist daher
für das Dasein des Einzelnen ungefährlich, wenn Staat und Gesellschaft, die die Uni-
versität wollen, schützen.
89 | Um so größer ist die mittelbare Verantwortung für die Folgen, die sich aus den
Gedanken, mögen sie wahr oder falsch sein oder beides zugleich, für Verwirklichun-
gen in der Welt ergeben. Diese Folgen sind in der Tat von vornherein nicht überseh-
bar. Aber das Wissen um sie macht den verantwortungsbewußten Denker behutsam.
Hegel hat gesagt: »Die theoretische Arbeit bringt mehr zuwege als die praktische; ist
erst das Reich der Vorstellungen revolutioniert, so hält die Wirklichkeit nicht aus.«243
Nietzsche hat schaudernd diese Verantwortung gesehen, und er ist zugleich der Den-
ker, der in vernichtendem Übermut verantwortungslos jede Gedankenmöglichkeit in
wirksamster Fassung in die Welt schleuderte, an der Magie des Extrems sich berauschte
und entsetzte, kommunikationslos in die Leere des Zeitalters rufend.244
Die Kommunikation wird gesteigert durch dies beides: durch das Ausbleiben der
unmittelbaren Daseinsinteressen und die damit gegebene scheinbare Ungefährlich-
keit bloßen Versuchens, und durch die mittelbare Verantwortung des Denkens. Diese
wird in der Kommunikation aus dem Hintergrund gefühlter Möglichkeiten viel eher
erweckt als im einsamen, widerstandslosen Denken.
Zur Wahrheit gehört, daß alles geistig Ergriffene eine Wirkung auf den Menschen
hat. Die Kommunikation selber ist ein Ursprung des Wahrheitsfindens durch das Er-
 
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