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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0541
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466

Stellenkommentar

Der nur lateinisch überlieferte Satz »nil beatum nisi quietum« (»nichts Glückliches ohne
Ruhiges«) wird Epikur zugeschrieben. Jaspers kommentiert ihn in der Psychologie der Welt-
anschauungen folgendermaßen: »Epikur dagegen [entgegen der Aussage von Jesus, »er sei
nicht gekommen, um Friede zu bringen, sondern das Schwert«] soll gelehrt haben: nil be-
atum nisi quietum. Der Lehrer der Liebe lehrt den Kampf, der Lehrer der lieblosen Isolierung
von aller Welt aber die Ruhe« (ebd., 126).
67 »Gebundene Zeitalter« stehen bei Jaspers seit der Psychologie der Weltanschauungen, in der
analog auch von »gebundenen Zeiten« die Rede ist, für Zeitalter, in denen kollektiv verbind-
liche Weltbilder herrschen, die ein Anderssein kaum zulassen. Jaspers sieht etwa im Mittel-
alter ein solches Zeitalter, denn es sei sowohl von geistlicher als auch territorialherrschaft-
licher Seite wesentlich durch kanonische Weltbilder geprägt gewesen (vgl. ebd., 39-40).
68 Jaspers lehnt sich hier an Max Webers Überlegungen zur Entstehung von »Persönlichkei-
ten« an. Dieser hatte in »Der Sinn der Wertfreiheit der soziologischen und ökonomischen
Wissenschaften« geschrieben, »daß >eine Persönlichkeit zu sein< etwas ist, was man nicht
absichtsvoll wollen kann und daß es nur einen einzigen Weg gibt, um es (vielleicht!) zu wer-
den: die rückhaltlose Hingabe an eine >Sache<, möge diese und die von ihr ausgehende For-
derung des Tages< nun im Einzelfall aussehen wie sie wolle« (in: Gesammelte Aufsätze zur
Wissenschaftslehre, hg. von J. Winckelmann, Tübingen 71988, 489-540, 494; KJB: ebd., Tü-
bingen 1922, 456; m. Marginalien, Textstelle markiert).
69 Die Formel von der »Einheit von Forschung und Lehre« wird für gewöhnlich Wilhelm von
Humboldt zugeschrieben, obwohl sie nicht von ihm stammt, sondern schon früh als poin-
tierte Beschreibung seiner Vorstellungen zur Verknüpfung von Wissenschaft und Bildung
eingeführt wurde (vgl. P. Lundgreen: »Mythos Humboldt in der Gegenwart. Lehre - For-
schung - Selbstverwaltung«, in: M. G. Ash [Hg.]: Mythos Humboldt. Vergangenheit und Zu-
kunft der deutschen Universitäten, Wien u.a. 1999,145-169,147). Neben dem genannten Prin-
zip sind auch »Bildung durch Wissenschaft« sowie »Forschen in Einsamkeit und Freiheit«
als griffige Formeln bekannt, die auf Humboldts Universitätsidee zurückgeführt werden
(vgl. H. Kopetz: Forschung und Lehre. Die Idee der Universität bei Humboldt, Jaspers, Schelsky
und Mittelstraß, Wien u.a. 2002, 35).
70 Diese Aussage geht, wie Jaspers in der Philosophischen Autobiographie berichtet, auf Kuno Fi-
scher zurück (vgl. ebd., 56); vgl. zur Person Fischers: Stellenkommentar Nr. 182.
71 Der Begriff »universitas« bezeichnete im Hochmittelalter korporative Schutzgemeinschaf-
ten, die sich genossenschaftliche Freiheitsrechte erworben hatten (vgl. R. A. Müller: GdU,
18). Die Verwendung des Begriffs verengte sich im Laufe der Zeit aus ungeklärten Gründen
auf die Genossenschaft von Lehrern und Schülern (»universitas magistrorum et scholarium«
- vgl. ebd., 9; J. Verger: »Grundlagen«, in: W. Rüegg [Hg.]: GdUE I, 49-80, 51). Die von Jas-
pers intendierte Bedeutung des Begriffs bezieht sich auf eine Umdeutung der Bezeichnung
»universitas«, derzufolge die Universität eine Einheit im Sinne eines Kosmos der wechsel-
seitig sich durchdringenden Wissenschaften bildet (»universitas litterarum«).
72 Die paraphrasierte Textstelle stammt aus Immanuel Kant’s Logik. Ein Handbuch zu Vorlesun-
gen, das im Jahre 1800 veröffentlicht wurde. Wörtlich lautet das Zitat: »Philosophie ist also
das System der philosophischen Erkenntnisse oder der Vernunfterkenntnisse aus Begriffen.
Das ist der Schulbegriff von dieser Wissenschaft. Nach dem Weltbegriffe ist sie die Wissen-
schaft von den letzten Zwecken der menschlichen Vernunft. Dieser hohe Begriff giebt der
Philosophie Würde, d.i. einen absoluten Werth« (AAIX, 23).
 
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