Metadaten

Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0560
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Stellenkommentar

485

sollte zu einer »philosophischen Grundoperation« als Vergegenwärtigung der Grenzen des
Denkens anregen, »Waffe im Kampf gegen Unwahrheit« sein und »ermöglichen, daß sich
immer wiederherstellt, was Menschen zu Menschen macht und woraus für Menschen er-
wächst, was eigentlich wahr ist: ihre Kommunikation« (Von der Wahrheit, 6-7). Jaspers stellte
in Von der Wahrheit drei »Lehrbücher« zur Methodenlehre, Kategorienlehre und Wissen-
schaftslehre in Aussicht, die jedoch nicht verwirklicht wurden. Die im Nachlass aufgefun-
denen Manuskripte zur »Philosophischen Logik« wurden 1991 von Hans Saner und Marc
Hänggi herausgegeben (K. Jaspers: Nachlaß zur philosophischen Logik). Vgl. zu »Geist«, »Exis-
tenz« und »Vernunft«: Von der Wahrheit, bes. 71-83,113-120.
225 Der Vernunft wird damit diejenige Aufgabe übertragen, die Jaspers in der Erstausgabe der
Schrift noch dem »Geist« zugeschrieben hatte (vgl. Die Idee der Universität [1923], 7-8).
226 Jaspers ergänzt hier das bereits in der Erstausgabe erwähnte »decorum« (Schicklichkeit, Ange-
messenheit, vgl. Stellenkommentar Nr. 15) um das »honestum« (Anstand, Würde, Moral). In
der Literatur werden die Begriffe in der Regel als Begriffspaar erwähnt. Die Verknüpfung von
decorum und honestum hat Cicero v.a. in seiner Schrift De officiis (44 v.Chr.; Vom pflichtgemä-
ßen Handeln) beschrieben. So heißt es in Buch 1, §94: »Seine [des »decorum«] Bedeutung zeigt
sich darin, dass es vom Moralischen nicht getrennt werden kann; denn was angemessen ist,
ist moralisch, und was moralisch ist, ist angemessen« (Vom pflichtgemäßen Handeln, in: Aus-
gewählte Werke, Bd. 1, hg. und übersetzt von R. Nickel und O. Gigon, Darmstadt 2008, 53).
227 Die hier beschriebene Zurücknahme eigener Wertungen erinnert an die »phänomenologi-
sche Reduktion« (epoche) Edmund Husserls. Jaspers kommt später in seinem Vortrag »War-
heit und Unheil der Bultmannschen Entmythologisierung« [1953] auf diesen Gedanken zu-
rück, schreibt ihn dort jedoch Max Weber zu (vgl. ebd., 26). Das Diktum ist in Webers
Werken und Briefen nicht nachweisbar.
228 Was Jaspers mit der hier erstmals von ihm erwähnten »Bildung zur Vernunft« meint, ver-
deutlicht eine Aussage aus Von der Wahrheit: »Bildung der Vernunft [...] ist die Disziplin des
methodischen Fürwahrhaltens. Alles Fixierte ist, obgleich unerläßlich, zugleich in der
Schwebe. Dies erweiterte Bewußtsein gewinnt seine Bildung durch eine Schulung qualita-
tiver Art. Die Denkweisen und Haltungen werden erworben, nicht nur das inhaltliche Wis-
sen« (ebd., 689).
229 Die Dichotomie von »Erklären und Verstehen« als methodologische Trennlinie zwischen Na-
tur- und Geisteswissenschaften geht zurück auf Wilhelm Diltheys Diktum »Die Natur erklä-
ren wir, das Seelenleben verstehen wir« (vgl. Ideen übereine beschreibende und zergliedernde Psy-
chologie [1894], in: Gesammelte Schriften, Bd. V, hg. von G. Misch, Leipzig 1924,139-240,144).
230 Die Überlegungen zum Bildungswert der Wissenschaften, der vor allem Ende des 19. Jahr-
hunderts lebhaft diskutiert wurde, stellen gegenüber der Idee der Universität von 1923 ein
Novum der Nachkriegsausgabe dar.
231 Dieser Gedankengang korrespondiert eng mit Max Webers in »Wissenschaft als Beruf« als
»Entzauberung der Welt« beschriebenen Entwicklung, nach der eine durch den wissen-
schaftlichen Fortschritt angestoßene »intellektualistische Rationalisierung« den Glauben
an die alten bildhaften Mythen zerstört und durch den Glauben ersetzt habe, man könne
prinzipiell alle Dinge »durch Berechnung« beherrschen (ebd., 86-87).
232 Diese Paraphrase bezieht sich auf Kants Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft
aus dem Jahre 1786. Dort heißt es: »Also mag zwar eine reine Philosophie der Natur über-
haupt [...] auch ohne Mathematik möglich sein, aber eine reine Naturlehre über bestimmte
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften