Metadaten

Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Hrsg.]; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0241
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
198

Die Methoden der Intelligenzprüfung und der Begriff der Demenz

nämlich, daß er den Ausfall seiner Reaktionen als optische Verblödung bezeichnet und
sie sozusagen als einen Teil der Gesamtverblödung betrachtet, zu der sie in Verhältnis zu
setzen ist. Er scheidet nicht zwischen Masse an Vorstellungsbesitz und Fähigkeit kombi-
nierenden und urteilenden Erfassens. Ferner vermißt man für die Beurteilung eine Prü-
fung an Normalen. Seine Normalzahlen sind solche, die bei »Gesunden« erwartet werden. -
Die Untersuchungsmethode ist teilweise Inventaraufnahme, teilweise Intelligenzprüfung.
Die Reichhaltigkeit in den Reaktionen und die Fülle der Reize, die auf sprachlichem Wege
kaum zu erreichen ist, lassen die Methode als eine fruchtbare erscheinen'.432 Besonders
die Gesichtspunkte Binets,433 der für die Beschreibung eines Bildes oder eines Gegenstan-
des - also nicht bloße Benennung wie bei Heilbronner und v. Schuckmann - Typen
aufstellte, erscheinen wertvoll. Er unterschied einen beschreibenden, beobachtenden,
gefühlsmäßigen und gelehrten Typus“.434 -
Anlaß zur Aufstellung einer »Sprichwörtermethode« hat eine Arbeit von Finckh gege-
ben1“.435 Er gibt eine gute Anweisung zur Führung der Unterhaltung im Anschluß an die
Erklärung eines Sprichwortes zur Erkenntnis der Urteilsfähigkeit des Untersuchten.
Der Schwerpunkt liegt auf der Führung der Exploration, auf der Art der Fragestellung,
die in jedem Falle eine andere sein muß und nur im Groben einem Schema (Erklärung
des Sprichwortes, Nennen eines Beispiels, Lehre, die daraus zu ziehen ist, usw.) unter-
geordnet werden kann. Es scheint unberechtigt, auf Grund dieser Arbeit von einer
Sprichwörtermethode zu reden, da nicht die Erklärung des Sprichwortes unter Zuhil-
fenahme einiger abstrakter Fragen, sondern die eingehende, individuell angepaßte
Unterhaltung dem Autor die Hauptsache scheint. -
Ganter'i * * iv v 436 hat 12 Gesunde und 37 Epileptiker untersucht, indem er ihnen 5 Witze
vorlegte mit der Frage, was sie daran Witziges fänden. Indem er die Antworten in rich-
tige und falsche einteilte, fand er an falschen bei weiblichen Kranken 89%, bei gesun-
den Dienstmädchen 80%, bei männlichen Kranken 79%, bei gesunden Pflegern 50%.
Er teilte die Antworten ferner in Rubriken: Pointe verfehlt, Abschweifen in die Breite,
Fabulieren, paranoische Symptome usw. Man wird gewiß in dem Verständnis für Witz
eine charakteristische Eigenschaft eines Menschen sehen können, aber bei einer Intel-
ligenzprüfung dürfte der negative Ausfall kaum zu verwerten sein. Ganter selbst
spricht von »Lösung« der Witze, wodurch eine gewisse Verwandtschaft zum Rätsel-
lösen bezeichnet ist. Daher sind Ebbinghaus’ Erörterungen über die Eignung der Rät-

i Auch Henneberg (Zur Methodik der Intelligenzprüfung. Allg. Zeitschr. f. Psych. 64, 400 ff.) hat
auf die Methode des Bildervorzeigens hingewiesen.
ü Binet, La description d’un object. Annee psychol. 1896. Vgl. Stern, Psychologie der individuel-
len Differenzen. 1900, 73 ff. Eine wichtige Analyse des »beschreibenden« Typus gibt Baerwald,
Zeitschr. f. angew. Psychol. 2,379 ff.
üi Finckh, Zur Frage der Intelligenzprüfung. Centralbl. f. Nerv. u. Psych. 1906, 945.
iv Ganter, Intelligenzprüfungen bei Epileptischen und Normalen mit der Witzmethode. Allg. Zeit-
schr. f. Psych. 64, 957.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften