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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 6): Psychologie der Weltanschauungen — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69894#0026
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Einleitung des Herausgebers

XXV

nehmen und sich für Psychologie zu habilitieren.103 Eine solche Habilitation barg al-
lerdings ein beträchtliches Risiko, denn im gesamten deutschen Sprachraum fand sich
kein einziger Lehrstuhl mit einer Denomination für Psychologie.104 So war es Aufgabe
der Philosophischen Fakultät, die Psychologie überhaupt erst als selbstständiges Ha-
bilitationsfach zu etablieren, um zumindest vage Perspektiven für eine akademische
Karriere zu eröffnen.105 Jaspers war so in mehrfacher Hinsicht ein dankbarer Kandidat.
Er war mit verschiedenen Strängen der Psychologie - der geisteswissenschaftlichen,
der medizinischen und der experimentellen - vertraut, er ließ von seiner bisherigen
Karriere her keine Neigung erkennen, im Bereich der Philosophie zu wildern, er war
aus persönlichen Gesprächen und Seminarsituationen als theoretisch versierter Wis-
senschaftler geschätzt, bereit, notfalls auch ohne Honorar rein auf Basis von Kolleg-
geldern zu lehren und das Wagnis einer Habilitation in der Psychologie an einer Uni-
versität einzugehen. Obwohl Jaspers keinen Dr. phil. vorzuweisen hatte und darum
bat, sein bereits erschienenes Buch, die Allgemeine Psychopathologie, als Habilitations-
schrift anzuerkennen, kam man ihm daher gerne entgegen. Die Fürsprache von Max
Weber, dessen Bekanntschaft mit Jaspers Gruhle 1909 eingefädelt hatte,106 ging auch
an Windelband nicht spurlos vorüber, sodass Jaspers seinen Eltern am 12. Juli 1913 be-
richten konnte, er habe Windelband »auf seiner Seite«107 und werde an der Philosophi-
schen Fakultät in Psychologie habilitieren, nebenbei bemerkt die erste Habilitation für
Psychologie an einer Universität überhaupt.108
Zum Sommersemester 1914 nahm Jaspers seine Lehrtätigkeit an der Philosophischen
Fakultät auf. Das Thema: »Psychologie der Charaktere und Begabungen«. Ein Gespräch
mit dem Dekan der Philosophischen Fakultät, Carl Neumann, gab Anlass zur Hoff-
nung auf eine dauerhafte Bindung an die Philosophische Fakultät.109 In der Folge las

103 Vgl. G. Jaspers an die Eltern, 15. März 1913.
104 Vgl. H. Gundlach: Wilhelm Windelband, 354.
105 Vgl. ebd., 364.
106 Vgl. K. Jaspers an H. W. Gruhle, 2. November 1950, in: K. Jaspers: Korrespondenzen 1,167; K. Jas-
pers: Philosophische Autobiographie, 34.
107 K. Jaspers an die Eltern, 12. Juli 1913.
108 Vgl. H. Gundlach: Wilhelm Windelband, 10. Zuvor war allerdings 1906 Willy Hellpach an der Tech-
nischen Hochschule Karlsruhe habilitiert worden - ebenfalls unter Beteiligung Max Webers und
Windelbands (vgl. ebd., 10,197).
109 In einem Brief von Jaspers’ Mutter Henriette an ihren Mann Carl Jaspers sen. vom 13. Dezember
1913 ist der Inhalt eines Gesprächs wiedergegeben, das Karl Jaspers mit dem Kunsthistoriker Carl
Neumann in seiner Funktion als Dekan der Philosophischen Fakultät im Anschluss an Jaspers’
Antrittsvorlesung geführt hat. Darin soll Neumann Jaspers gesagt haben: »Ich gratulire Ihnen
und darf Ihnen im Namen der ganzen Facultät aussprechen, daß wir uns außerordentlich freuen,
Sie zu haben u. große Erwartungen auf Ihre Lehrtätigkeit setzen. Vermutlich wird es auch noch
andre Folgen haben, darüber kann ich Ihnen aber weder als Privatmann noch amtlich etwas Nä-
heres sagen«.
 
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