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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 6): Psychologie der Weltanschauungen — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69894#0063
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LXII

Einleitung des Herausgebers

ter so genannten modernen Existenzphilosophie«.321 Damit erklärt Jaspers sein Buch
nicht nur zur Keimzelle seiner Existenzphilosophie, sondern suggeriert gleichzeitig ei-
nen genetischen Zusammenhang mit anderen Werken und Denkern. Dieser manifes-
tiert sich in einem reichlich unscheinbaren Text, mit dem sich die wichtigste philoso-
phische Freundschaft in der Entstehungszeit seines existenzphilosophischen
Hauptwerks anbahnte: Heideggers »Anmerkungen zu Karl Jaspers’ Psychologie der
Weltanschauungen«. Die Rezension, zwischen 1919 und 1921 verfasst und Jaspers im
Juni 1921 zugegangen, kann angesichts der ambivalenten Haltung von Jaspers gegen-
über seinem Frühwerk als Schlüsseltext für eine Erschließung seiner werkgeschichtli-
chen Bedeutung angesehen werden. Entgegen den ursprünglichen Plänen wurden die
»Anmerkungen« nie als Rezension publiziert,322 obwohl Heidegger noch in einem Brief
vom 27. Juni 1922 davon spricht, mit seiner Veröffentlichung der Gefahr entgegenwir-
ken zu wollen, dass die »eigentümliche philosophische prinzipielle Wirkungsmöglich-
keit« der Psychologie der Weltanschauungen »im heutigen philosophischen Geplätscher«
untergeht.323 So blieb der Text lange Zeit ein stilles Dokument des Ringens um eine
Neuausrichtung der Philosophie und ein offenes philosophisches Gesprächsangebot
an Jaspers. Erst in den I97oer-Jahren wurde der Text veröffentlicht - auf Heideggers
Seite bezeichnenderweise in der zweiten Auflage des Bandes Wegmarken 1976, in de-
nen Heidegger in Form kleinerer Texte »eine Reihe von Aufenthalten im Unterwegs
der einen Seinsfrage«324 veröffentlichte.
18. Die Freundschaft zwischen Jaspers und Heidegger325
Verkörperte Heinrich Rickert für Jaspers die verknöcherte Schulphilosophie, die sich
in Gestalt der Südwestdeutschen Schule des Neukantianismus und der Phänomeno-

321 Ders.: Philosophische Autobiographie, 33.
322 Heidegger hatte die »Anmerkungen« für die Göttingischen Gelehrten Anzeigen verfasst und im Juni
1921 neben Jaspers in je einer Kopie auch an Edmund Husserl und Heinrich Rickert verschickt
(vgl. M. Heidegger an K. Jaspers, 25. Juni 1921, in: M. Heidegger, K. Jaspers: Briefwechsel, 21). Zu ei-
ner Veröffentlichung in der Zeitschrift kam es jedoch nie, weil Heidegger nicht bereit war, sich
auf die restriktiven Vorgaben der Gelehrten Anzeigen zum Umfang des Textes einzulassen (vgl. M.
Heidegger an H. Rickert, 25. Juni 1921, in: M. Heidegger, H. Rickert: Briefe 1912 bis 1933 und andere
Dokumente, hg. von A. Denker, Frankfurt a.M. 2002,56). EV: M. Heidegger: »Anmerkungen zu Karl
Jaspers’ Psychologie der Weltanschauungen«, in: H. Saner (Hg.): Karl Jaspers in der Diskussion,
München, Zürich 1973, 70-102.
323 Vgl. M. Heidegger, K. Jaspers: Briefwechsel, 29.
324 Vgl. M. Heidegger: Wegmarken, GA 9, III.
325 Anders als von Jaspers erinnert (vgl. K. Jaspers: Philosophische Autobiographie, 92) lernten sich
Heidegger und Jaspers im April 1920 bei einem Besuch Heideggers in Heidelberg kennen. Erst am
21. April 1921 traf Jaspers Heidegger zum zweiten Mal in Freiburg anlässlich des Geburtstags von
Edmund Husserl; vgl. zur Freundschaft zwischen Heidegger und Jaspers: B. Weidmann: »»Lieben-
der Kampf< und »deutsche Universität« Die gescheiterte Freundschaft zwischen Karl Jaspers und
 
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