Psychologie der Weltanschauungen
5
| Vorwort.
VII
Es ist philosophische Aufgabe gewesen, eine Weltanschauung zugleich als wissen-
schaftliche Erkenntnis und als Lebenslehre zu entwickeln. Die rationale Einsicht sollte
der Halt sein. Statt dessen wird in diesem Buch der Versuch gemacht, nur zu verste-
hen, welche letzten Positionen die Seele einnimmt, welche Kräfte sie bewegen. Die fak-
tische Weltanschauung dagegen bleibt Sache des Lebens. Statt einer Mitteilung des-
sen, worauf es im Leben ankomme, sollen nur Klärungen und Möglichkeiten als Mittel
zur Selbstbesinnung gegeben werden. Wer direkte Antwort auf die Frage will, wie er le-
ben solle, sucht sie in diesem Buche vergebens. Das Wesentliche, das in den konkre-
ten Entscheidungen persönlichen Schicksals liegt, bleibt verschlossen. Das Buch hat
nur Sinn für Menschen, die beginnen, sich zu verwundern, auf sich selbst zu reflektie-
ren, Fragwürdigkeiten des Daseins zu sehen, und auch nur Sinn für solche, die das Le-
ben als persönliche, irrationale, durch nichts aufhebbare Verantwortung erfahren. Es
appelliert an die freie Geistigkeit und Aktivität des Lebens durch Darbietung von Ori-
entierungsmitteln, aber es versucht nicht, Leben zu schaffen und zu lehren.
Heidelberg.
Karl Jaspers.
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| Vorwort.
VII
Es ist philosophische Aufgabe gewesen, eine Weltanschauung zugleich als wissen-
schaftliche Erkenntnis und als Lebenslehre zu entwickeln. Die rationale Einsicht sollte
der Halt sein. Statt dessen wird in diesem Buch der Versuch gemacht, nur zu verste-
hen, welche letzten Positionen die Seele einnimmt, welche Kräfte sie bewegen. Die fak-
tische Weltanschauung dagegen bleibt Sache des Lebens. Statt einer Mitteilung des-
sen, worauf es im Leben ankomme, sollen nur Klärungen und Möglichkeiten als Mittel
zur Selbstbesinnung gegeben werden. Wer direkte Antwort auf die Frage will, wie er le-
ben solle, sucht sie in diesem Buche vergebens. Das Wesentliche, das in den konkre-
ten Entscheidungen persönlichen Schicksals liegt, bleibt verschlossen. Das Buch hat
nur Sinn für Menschen, die beginnen, sich zu verwundern, auf sich selbst zu reflektie-
ren, Fragwürdigkeiten des Daseins zu sehen, und auch nur Sinn für solche, die das Le-
ben als persönliche, irrationale, durch nichts aufhebbare Verantwortung erfahren. Es
appelliert an die freie Geistigkeit und Aktivität des Lebens durch Darbietung von Ori-
entierungsmitteln, aber es versucht nicht, Leben zu schaffen und zu lehren.
Heidelberg.
Karl Jaspers.