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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 6): Psychologie der Weltanschauungen — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69894#0245
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152

Psychologie der Weltanschauungen

Inhalt, die Teile sind unterschieden nach der Art der Anschaulichkeit und nach der Art
der Ideen.
Die drei Sphären sind nicht getrennt, sobald ein bestimmter konkreter Gegenstand
kontemplativ gesehen und untersucht wird. Derselbe Gegenstand liegt in allen drei
Sphären: als sinnlich-räumliches Objekt, als verstehbarer Inhalt, als gebunden an ein
Absolutes durch den Lichtstrahl vom Metaphysischen her. Auch fällt die Dreiteilung
152 keineswegs mit den Methoden des Denkens, den For|men der ratio zusammen; man
hat fast jede Methode auf alle drei Sphären anzuwenden versucht.
Legt man diese Denkmethoden als Teilungsmotiv zugrunde (also statt spezifischer
Anschaulichkeiten die Formen des Gegenständlichen überhaupt) und sieht man diese
Formen als die Sphären des Weltbildes an, eine Richtung, die KANTischem Denken im
Neukantianismus entsprungen ist, so gewinnt man Sphären, die z.T. mit dem hier als
wesentlich angesehenen zusammenfallen, aber doch eigentümlich unanschaulich,
untergeordnet, richtig, aber nicht fruchtbar für die Charakteristik der Weltbilder in
psychologischer Relevanz sind. Man kann in der Logik die Formen alles Gegenständ-
lichen überhaupt oder die Kategorien isolieren, die für alles Gegenständliche gelten,
die noch vor der Mannigfaltigkeit des Gegenständlichen stehen, diese in ihrer Gesamt-
heit überspannend').163 Eine solche Logik würde die Grundwissenschaft vor aller Wis-
senschaft nicht nur, sondern vor allem Gegenständlichen überhaupt sein.
Von solchen fundamentalen Kategorien haben erhebliche Bedeutung die Gegen-
überstellungen von Sein und Werden, von Mechanismus und Organismus, von Wirklich-
keitund Wertusw. Das so über die Gesamtheit des Gegenständlichen geworfene Netz-
werk gibt Teilungen und Sphären, die vermöge ihrer extrem formalen Bedeutung eine
eigentümliche Fähigkeit zur Charakteristik haben: Sie zeigen uns mehr die Einstellun-
gen und Denkgewohnheiten, die durch sachliche Eigengesetzlichkeiten bedingte
Strukturen unserer Gegenstandsauffassung, die besonders in ihrer Verabsolutierung
die philosophischen und metaphysischen Weltbilder treffend bezeichnen. Dort wer-
den sie vor allem von uns genutzt werden. Sie sind die Arten des Rationalen, die z.T.
in den »Einstellungen« erörtert sind, z.T. als verabsolutierte panlogistische oder ratio-
nalistische Weltbilder später vorkommen.
Es ist wichtig, sich darüber klar zu sein, daß, wenn man diese Formen als Formen
betrachtet, man nicht mehr Weltbilder in ihrer Anschaulichkeit vor sich hat, sondern
nur abgelöste Formen. Indem eine Logik der Werte z.B. sich mit den Eigenschaften der
Wertakzente (der Gegensätzlichkeit, dem Gelten usw.) befaßt, ignoriert sie ihrem
Sinne gemäß und verliert damit die anschaulichen Inhalte, an denen die Wertakzente
haften. Aus einer Logik läßt sich nie eine anschauliche, inhaltliche Philosophie, eine

Hegel nennt eine solche Logik »Die Darstellung Gottes, wie er vor der Erschaffung der Natur und
eines endlichen Geistes ist« (3,36), oder auch »das Reich der Schatten, die Welt der einfachen We-
senheiten, von aller sinnlichen Konkretion befreit« (3, 47).
 
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