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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 6): Psychologie der Weltanschauungen — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69894#0573
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480

Stellenkommentar

Paradox-Religiösen des Christentums, in dem der Einzelne in der Zeit sich zu dem Ewigen in
der Zeit (dem Gottmenschen) verhält.
294 Die »Grenzsituation« ist eine Wortschöpfung von Karl Jaspers und nimmt in seinem späte-
ren existenzphilosophischen Denken eine Schlüsselrolle ein (vgl. hierzu auch: Einleitung
zu diesem Band, LXXIII). Grenzsituationen als »letzte«, unwandelbare, unüberschreitbare
Situationen, die mit dem »Menschsein als solchem verknüpft« sind, werden darin nicht nur
neben Staunen und Zweifel als »tieferer Ursprung der Philosophie« gedeutet (vgl. Einführung
in die Philosophie, 18), sondern figurieren neben Freiheit und Kommunikation als »Signa«,
d.h. Zeiger auf Existenz. Im Sinne allgemeiner, der antinomischen Grundstruktur des Da-
seins geschuldeter Situationen werden sie als »Grundsituationen« der conditio humana ge-
fasst, die sich durch die unbedingte Forderung des Gewissens zu »Grenzsituationen« umbil-
den, in denen sich entscheidet, ob der Mensch sich, die Grenzsituation verschleiernd, selbst
verliert oder im unbedingten inneren Handeln zur Existenz aufschwingt. Das »ich selbst«
kommt nach Jaspers zu sich in Grenzsituationen (Philosophie I, 46; bes. Philosophie II, 201-
254). Als Erweckungserlebnis gefasst, führt die Grenzsituation in Jaspers’ existenzphiloso-
phischem Konzept zur »Gewißheit der Existenz« und ermöglicht eine »Berührung mit den
existentiellen Wurzeln«, die das Dasein auf Transzendenz hin durchsichtig werden lässt (vgl.
PhilosophieI, 33; PhilosophieII, 214). Martin Heidegger hob das Kapitel über die Grenzsitua-
tionen in seiner Rezension der Psychologie der Weltanschauungen (1920/21) als den »stärksten
Abschnitt der Jaspers’schen Untersuchung« hervor und sah in ihm den »das Ganze der Ar-
beit verfestigenden Kern« (M. Heidegger: »Anmerkungen zu Karl Jaspers’ Psychologie der
Weltanschauungen«, GA 9,1-44, n; vgl. Einleitung zu diesem Band, LXIV-LXVI).
295 NA: der Widerspruch ] EA: dieser ist zu unterscheiden von der Sinnfremdheit; denn der Wi-
derspruch besteht innerhalb des Rationalen, während die Sinnfremdheit die Sphäre außer-
halb alles Rationalen (und der andern Arten des Sinnes) ist. [ Der reale
296 Vgl. I. Kant: Kritik der reinen Vernunft, AAIII, bes. 281-382,291.
297 Vgl. ders.: Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, AA IV, 349: »Da die psychologische,
kosmologische und theologische Ideen [sic] lauter reine Vernunftbegriffe sind, die in keiner
Erfahrung gegeben werden können, so sind uns die Fragen, die uns die Vernunft in Ansehung
ihrer vorlegt, nicht durch die Gegenstände, sondern durch blosse Maximen der Vernunft um
ihrer Selbstbefriedigung willen aufgegeben und müssen insgesammt hinreichend beantwor-
tet werden können.«
298 W. Gass: Geschichte der christlichen Ethik, Bd. 1, Berlin 1886,273; H. v. Eicken: Geschichte und Sys-
tem der mittelalterlichen Weltanschauung, Stuttgart, Berlin 2iqi3, V-VI (KJB Oldenburg: KJ 5763).
299 Die Versuchungen des Eremiten Antonius sind in der Schrift Bios kai politeia tu hagiu patros
hemon Antoniu (Vita Antonii; Leben und Wirken unseres heiligen Vaters Antonius), einem bald
nach 356 verfassten Text von Athanasios von Alexandria dargestellt. Darin wird berichtet,
wie Antonius, Gottes Ruf folgend, als Eremit in die Wüste zieht und sich den Versuchungen
des Teufels sowie dessen Dämonen aussetzt. Dieser quält ihn u.a. durch Erinnerungen an Be-
sitz, die Sorge um Angehörige, die Vergegenwärtigung der Lust des Gaumens und schmut-
zige Gedanken, aber selbst als der Teufel ihm nachts als Weib erscheint, um ihn zu verführen,
vermag Antonius den Versuchungen dank Gottes Beistand zu widerstehen. Als Vorbild zahl-
reicher Asketen, die um ihn eine Gemeinschaft bildeten, lehrte er diese die gottesgefällige As-
kese und den Umgang mit Dämonen.
300 zona torrida = Tropengebiet.
 
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