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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0057
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Grundsätze des Philosophierens

seiner jeweiligen geschichtlichen Situation: nichta das aus einem Gesetz ableitbare
Richtige, sondern das im Medium des allseitigen Erdenkens sich ihm unvoraussehbar
und unerzwingbar zeigende Geheimnis führt seinen Weg.
3. Der Mensch ist endlich und unvollendbab3
Zwar gibt es für den Menschen ein Unbedingtes und er kann sich seines Unbedingten
gewiss werden? Aber als Mensch in seinem Dasein ist erc ein endliches Wesen, überall
bedingt und dessen sich bewusst. Das Unbedingte ist durch keine empirische Beobach-
tung, durch keine wissenschaftliche Psychologie nachweisbar; für die objektivierende
Forschung gibt es kein Unbedingtes. Die Endlichkeit des Menschen dagegen ist aufzeig-
bar in den Grundcharakteren seines Daseins. Jedoch wird dem Menschen, dass er ein
endliches Wesen ist, in seiner Bedeutung und seinem Grunded erst fühlbar, weil er das
Unbedingte als Forderung kennt, deren Erfüllung ihn auf eine andere Herkunft seiner
Existenz weist, als ihm in seinem endlichen Dasein als solchem erkennbar wird. Das
Unbedingte ist das Licht, das ihn in seiner Endlichkeit mit Gott verknüpft. Die Endlich-
keit ist nicht nur Daseinsbestimmung, sie wird dem Menschen Grundzuge seines Ge-
schaffenseins. Wenn er aber dieses mit allem Dasein, mit den Tieren gemeinsam hat,
so hat seine menschliche Endlichkeit darüber hinaus den Zug der Unvollendbarkeit.
Er ist nicht einmal® der Geschlossenheit fähig, die jedes tierische Dasein erreicht. Als
Unvollendbarkeit wird ihm seine Endlichkeit mehr, als im Erkennen des Endlichen zu
Tage tritt. Es ist eine Verlorenheit in ihm11, aus der ihm Aufgabe und Möglichkeit erwach-
sen. Daher enthält der Satz, der Mensch sei endlich und unvollendbar, einen Glauben,
dessen Gewissheit nicht nur aus beweisbarem Wissen vom Endlichen, sondern aus der

a nach nicht im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Einf. allein
b Zwar gibt es für den Menschen ein Unbedingtes und er kann sich seines Unbedingten gewiss wer-
den. im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu Zwar gibt es für den Menschen ein Unbedingtes. Wenn
wir die Endlichkeit aller Dinge in der Welt sehen, kann die Unbedingtheit seines existentiellen
Entschlusses unendlich heissen.
c Aber als Mensch in seinem Dasein ist er im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu Aber in seinem Da-
sein ist der Mensch
d Jedoch wird dem Menschen, dass er ein endliches Wesen ist, in seiner Bedeutung und seinem
Grunde im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu Seine Endlichkeit wird dem Menschen in ihrer Be-
deutung und ihrem Grunde
e sie wird dem Menschen Grundzug im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu sie wird dem Bewusstsein
des Menschen zum Grundzug
f Wenn er aber dieses mit allem Dasein, mit den Tieren gemeinsam hat, so hat seine menschliche
Endlichkeit im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu 11 Diese Endlichkeit als Stigma der Geschöpflich-
keit hat er mit allem Dasein, mit den Tieren, gemeinsam. Aber seine menschliche Endlichkeit hat
g Er ist nicht einmal im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu Der Mensch ist nicht
h in ihm im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu im Menschen
 
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