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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0119
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Grundsätze des Philosophierens

wiesen ist auf die Realität, in der und inbezug auf die es geschieht, ist der Sinn des Han-
delns nur im Blick auf diese Realität zu fassen.
a. Äusseres Handeln: Das äussere Handeln geht auf die Selbstbehauptung und Er-
weiterung des Daseins, vollzieht sich im Ergreifen und Unterlassen, geschieht durch
das bestimmte Handeln des Augenblicks, dann durch die Stetigkeit der Zwecke und
durch die Arbeit.
b. Inneres Handeln: Das innere Handeln steht an der Grenze der Passivität, wenn
es nur im Reagieren auf Eindruck und Situation geschieht. Es ist dagegen ursprünglich
lebensbestimmend im Entschluss der Existenz, der alles Tun unter seine Bedingungen
stellt. Wie beides geschieht, das erwächst aus der Weise, wie wir jederzeit im inneren
Handeln mit uns umgehen: durch aktive Selbstreflexion führen wir uns täglich und
stündlich, so lange wir bewusst sind. Wir bringen uns durch sie hervor, indem wir uns
darin zugleich auf rätselhafte Weise geschenkt werden. Selbstdurchleuchtung lässt
zum Bewusstsein kommen, welche Antriebe und Gefühle faktisch wirksam werden, -
die leise Führung aus der Tiefe des Menschen lässt dann unwirksam werden, was er ver-
wirft, lässt wachsen und reifen, als was er eigentlich sich selbst weiss.
Dies durch keine Vorschriften zu bewirkende, durch keine objektive Kontrolle zu
garantierende innere Handeln, dieses Gewissen, das noch garnicht das Tun in der Welt,
sondern die leisesten Regungen des Inneren trifft, dieses Incommunicable, in dem »die
Mysterienpfade innerer Umkehrungen«100 beschritten werden, dieses in allem Wollen
Ungewollte, in dem ich vermöge ungewaltsamer, aber ununterbrochener Aktivität mir
so geschenkt werde, dass ich zugleich verantwortlich bin und doch mich finde als das,
wie ich mir gegeben werde, diese Paradoxie eigentlicher Innerlichkeit ist die unerläss-
liche Quelle aller echten Moral.
Moral, die hier nicht gründet, ist Vordergrund. Mit der vordergründlichen Moral hat
der Mensch die Neigung, unter Umgehung seines eigentlichen Inneren sich zu zwingen
zu erdachten Handlungen, mit denen er sich selbst seine hohe Moral beweist, weiter aber
die Neigung, mehr Andere als sich zu beurteilen, seine ohnmächtigen Machtinstinkte
in ständigem Beurteilen, im Loben und Tadeln sich auswirken zu lassen, und in der Folge
böse zu werden. Darum sind böse Menschen so oft Moralisten, und werden Moralisten
so leicht böse. Auf moralische Grundsätze ist Verlass allenfalls wie auf juristische Ver-
träge, aber ohne deren objektive Erzwingbarkeit; auf die Innerlichkeit des eigentlich be-
gründenden Handelns ist Verlass ohne abstrakte Bestimmbarkeit des Verlässlichen.
Von dem fast unmerklichen Umgang mit sich selbst her im inneren Handeln wird
der gewaltsame Eingriff - gegen sich und gegen andere - verwehrt, der aus abstrakten
Principien verwirklichen will, was doch nicht gelingt, weil der Mensch nicht einfach
sein kann, was er durch Tun sich und anderen scheinen möchte. Die Gewaltsamkeit
ist nur die äusserste Grenze, eine Notwendigkeit im Versagen, um wenigstens im äus-
seren Handeln zu verhindern oder zu bewirken, was aus der inneren Verfassung der
 
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