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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0040
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Einleitung des Herausgebers

XXXIX

gie. Als Existenzphilosophie sucht sie zwischen den Fronten von Wissenschaft und
Weltanschauung die »Einfalt des Denkens aus ursprünglichem Existieren« zu gewin-
nen.36 Was sie zu sagen hat, sagt sie mit eigenen Worten auf eigene Verantwortung.
Denn wenn etwas imstande ist, in der Masse den Einzelnen zu erreichen, dann eine
auf sensationellen Effekt und fixierende Gängelung gleichermaßen verzichtende
»Schlichtheit« im Ausdruck, »als solle alle Erscheinung fliehen, um dem Wesen Platz
zu machen.«37 Diese Schlichtheit ist mehr als eine Frage des Stils. Sie ist eine Frage der
Haltung und ergibt sich auf dem »Weg der Einfachheit des Existierens, das sich nicht
im Beliebigen zerstreuen läßt.«38
Wie aus dem bereits zitierten Radiovortrag »Die Aufgabe der Philosophie in der
Gegenwart« hervorgeht, sah Jaspers bereits in dieser Einfachheit einen Akt der Pro-
paganda: »Es ist unausweichlich, daß das Wahre selber heute in die Gestalt der Propa-
ganda gelangen muß, um die Ohren der Menschen zu erreichen. Die große Aufgabe
schaffenden Denkens ist daher die Erarbeitung der einfachen Gestalten des Wahren,
damit es Widerhall findet in der jedem Menschen ursprünglich eigenen Vernunft.
Wesentlich sind die einfachen Gedanken, die den Nachvollziehenden mit der Klar-
heit der Operation an jenem Punkte treffen, wo er nicht nur weiß, sondern innerlich
handelt, wo die Vernunft im Ganzen wach wird.«39 Doch damit war es freilich nicht
getan. Im lauten Stimmengewirr einer Öffentlichkeit, in der unterschiedlichste Wahr-
heitsansprüche um Aufmerksamkeit ringen, dringt das Einfache ohne die Propaganda
des Verlages nicht durch. Er stellt die Verbindungen zu Presse, Rundfunk und Fernse-
hen her, über die ein Buch erst seine Leser findet.40
Einer jener Einzelnen, die Jaspers über seine Werke zu erreichen hoffte und tat-
sächlich erreichte, war der Buchhandelslehrling Klaus Piper. 1931 fiel ihm beim Aus-
packen einer Büchersendung Die geistige Situation der Zeit in die Hände.41 Er war von
der Lektüre so gepackt, dass er bald darauf auch die Philosophie zu studieren begann.
Ein Jahrzehnt später, nachdem er längst in den Verlag seines Vaters Reinhard Piper
eingetreten war, nahm er den Kontakt zu Jaspers auf, um ihn für eine Publikation zu
gewinnen. Dabei kam er auch auf die Wirkung seiner Schriften zu sprechen: »Schon
vor Jahren habe ich Ihre »Geistige Situation der Zeit< mit größtem Interesse gelesen

36 Ebd., 266.
37 Ebd., 267.
38 Ebd., 268.
39 K. Jaspers: »Die Aufgabe der Philosophie in der Gegenwart«, 20.
40 Beispielsweise bahnte Piper, der gute Kontakte zum Norddeutschen Rundfunk besaß, das Ge-
spräch mit Heinz Zahrnt über den Philosophischen Glauben angesichts der Offenbarung an. Vgl.
dazu B. Weidmann: »Einleitung des Herausgebers«, in: K. Jaspers: Der philosophische Glaube an-
gesichts der Offenbarung, KJGI/13, VII-LXXXIII, hier: LXV-LXVI.
41 Vgl. K. Piper: »Begegnung des Verlegers mit Karl Jaspers«, 9.
 
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