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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0050
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Einleitung des Herausgebers

XLIX

Die Gründe, die Jaspers zu dieser Absage bewogen, werden erst in ihrem ganzen
Umfang deutlich, wenn man eine interne Notiz heranzieht, die er während dieser
Wochen verfasst haben muss: »Ich selber bin etwas beklommen, weil es über meine
Kräfte geht. Ich würde lieber als einer unter vielen mitarbeiten. Die geistige Energie
zu einer führenden Prägung ist mir wohl nicht eigen. Ich fürchte die vielen Ressenti-
ments gegen mich. Ich habe nicht die Gnade, die Menschen zu bezaubern und einzu-
fangen. Besitze für die Mehrzahl keine natürliche Autorität. Frage ich mich allerdings:
wer denn das könnte, so bin ich ratlos. Philosophie ist heikel. Jeder erwartet >Schule<,
den Machtwillen von Philosophenkliquen. Meine Fachkollegen [sind] mir nicht güns-
tig. Es war wie eine Zufriedenheit, dass ich acht Jahre ausgeschaltet war. 1937 fand
man alsbald, dass ich ja ohnehin nicht viel bedeute.«102 Ob Springer von diesen Nö-
ten etwas ahnte, ist fraglich. Sicher ist dagegen, dass er nun alles daransetzte, Jaspers
dauerhaft an die Zeitschrift zu binden, die im Sommer 1946, auf einen Vorschlag des
Romanisten Ernst Robert Curtius hin, den Titel Studium Generale erhielt.103 Das erste
Heft erschien im November 1947. Jaspers trat dort, seinem Wunsch gemäß, als einer
von mehreren Mitherausgebern in Erscheinung, die jeweils unterschiedliche Fach-
richtungen repräsentierten.104
Durch seine Mitarbeit am Studium Generale blieb Jaspers dem Springer-Verlag über
Jahre verbunden. Daran änderte auch seine Übersiedlung nach Basel 1948 nichts.
Springer selbst nahm diesen Schritt dagegen als ein weiteres Zeichen der Loslösung.105
2.1.3 Für eine philosophische Polemik: die »Thiel-Kontroverse« im Studium Generale
Seitdem Springer und Jaspers im Dezember 1945 die Gründung einer interdisziplinär
ausgerichteten Zeitschrift erwogen hatten, dauerte es fast ein Jahr, bis ein Schriftlei-
ter gefunden wurde. Jaspers empfahl Manfred Thiel, der bei ihm gerade seine Dok-
torarbeit über Moralität und Persönlichkeitsideal abgeschlossen hatte und wenig später
promoviert werden sollte.106 Das Dissertationsgutachten legt nahe, dass Thiel für eine
akademische Karriere wohl die philosophische Begabung fehlte, aber die Schriftlei-
tung einer ambitionierten Zeitschrift durchaus anzuvertrauen ist: »Es erwächst keine

102 K. Jaspers: Notiz, o.D., DLA, A: Jaspers.
103 Vgl. F. Springer an K. Jaspers, 2. August 1946, in diesem Band, S. 375.
104 Als Mitherausgeber dieses ersten Jahrgangs des Studium Generale fungierten Karl Heinrich Bauer,
Ludwig Curtius, Herbert von Einem, Fritz Ernst, Walter Eucken, Ernst Hoffmann, Erich von
Holst, Karl Jaspers, Adolf Ellegard Jensen, Arthur Jores, Friedrich Oehlkers, Hans Peters, Kurt Rei-
demeister, Friedrich Hermann Rein, Wilhelm Röpke, Rudolf Smend, Rudolf Stadelmann, Theo-
dor Steinbüchel, Helmut Thielicke, Jost Trier, Carl Troll, Alfred Weber, Carl Friedrich von Weiz-
säcker und Jürg Zutt.
105 Vgl. F. Springer an K. Jaspers, 30. Januar 1948, in diesem Band, S. 378-379.
106 Vgl. K. Jaspers an F. Springer, 7. November 1946, ebd., 376. - M. Thiel: Moralität und Persönlich-
keitsideal. Eine systematische Untersuchung, Diss. Heidelberg 1946.
 
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