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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0078
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Einleitung des Herausgebers

LXXVII

waren die Vorgänger dieses Verlages für die Reichsschrifttumskammer keine Unbe-
kannten. Die Verlagsspitze hatte in der Vergangenheit sehr gute Beziehungen zu ver-
schiedenen Reichsinstitutionen unterhalten; andererseits geriet der Verlag aufgrund
seiner »logistischen Schlüsselstellung innerhalb des deutschen Buchhandels« später
in den besonderen Fokus der Zensur.271
Nachdem Jaspers den Verlag ermächtigt hatte, für den Druck seines Vortrags über
»Nietzsche und das Christentum« die erforderlichen Genehmigungen einzuholen,
bat Koehler & Amelang das Propagandaministerium um Erteilung der Druckerlaub-
nis. Diese Anfrage wurde, wie aus einem internen Schreiben hervorgeht, zur weite-
ren Bearbeitung an das Hauptamt Wissenschaft der Dienststelle Rosenberg weiter-
geleitet, vorsorglich aber mit dem Präjudiz versehen: »Jaspers ist mit einer Volljüdin
verheiratet und aus dem Hochschuldienst entlassen.«272 Der Text gebe keine Veran-
lassung für eine Sondergenehmigung, »zumal Nietzsche eine Christlichkeit unter-
schoben wird, die sein Anliegen völlig verfälscht.«273 Der Hauptamtsleiter bestätigte
wenig später diese Einschätzung und verweigerte die Druckerlaubnis: »Die Ablehnung
erfolgt nicht, weil die Arbeit an sich gefährlich werden könnte, denn sie ist wissen-
schaftlich leicht als unhaltbar nachzuweisen, aber die wissenschaftliche Auseinan-
dersetzung mit diesem Thema ist mit Rücksicht auf die allgemeine weltanschauliche
Lage während des Krieges unerwünscht.«274 Koehler & Amelang wurde daraufhin
vom Propagandaministerium unter Berufung auf die allgemeine weltanschauliche
Lage mitgeteilt, dass der Verfasser mit einer Jüdin verheiratet sei und infolgedessen
für weitere Publikationen einer Sondergenehmigung bedürfe, die aber im vorliegen-
den Fall nicht erteilt werden könne. Das Schreiben schloss mit dem Hinweis, dass es
an die Reichsschrifttumskammer zur Kenntnisnahme übersandt werde.275

271 T. Keiderling: »Strategisches Unternehmerverhalten im »Dritten Reich« Eine Fallstudie zum
Konzern Koehler & Volckmar AG & Co.«, in: K. G. Saur (Hg.): Verlage im >Dritten Reich<, Frank-
furt a.M. 2013,109-132, hier: 131.
272 Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda an das Hauptamt Wissenschaft der
Dienststelle Rosenberg, 21. Dezember 1942, in diesem Band, S. 621.
273 Ebd.
274 Hauptamt Wissenschaft an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, 30.
Dezember 1942, ebd., 621-622.
275 Vgl. Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda an den Verlag Koehler & Amelang,
2. Februar 1943, ebd., 622. - Dorothee Mußgnug erwähnt diesen Vorgang ebenfalls (vgl. D. Mußg-
nug: Die vertriebenen Heidelberger Dozenten. Zur Geschichte der Ruprecht-Karls-Universität nach 1933,
Heidelberg 1988,130). Nach ihrer Darstellung habe der Verleger Hellmut Koester [sic!], Leipzig,
bereits im Januar 1943 an Jaspers geschrieben, dass seine Arbeit nicht angenommen worden sei.
Dies entnimmt sie einem Brief von Karl Jaspers an Gustav Radbruch vom 19. Januar 1943 (ebd.,
Anm. 41) und verweist auf den in der UBH aufbewahrten Nachlass Radbruchs. Dieser Brief ist
unter der angegebenen Signatur allerdings nicht vorhanden, auch in anderen veröffentlichten
und unveröffentlichten Radbruch-Korrespondenzen konnte er nicht aufgefunden werden. Den-
 
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