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Karl Jaspers - de Gruyter
In ausgezeichneter Hochachtung
ergebenst
K. Jaspers
Da, wie ich sehe, die Göschenbändchen verschieden gedruckt sind, bitte ich Sie um
Übersendung eines Bogens in dem Satz, der für mein Bändchen in Aussicht genom-
men wäre.
62 Karl Jaspers an Konrad Grethlein
Manuskript; VA de Gruyter, mit dem Briefkopf Professor Karl Jaspers Plöck 66
Heidelberg, 1/3 29
Sehr geehrter Herr Grethlein!
Ab 4. März bis zum 10. März bin ich nach Anmeldung durch Postkarte jeden Tag um
12 Uhr bereit, Ihren Referenten zu empfangen.172 Jedoch möchte ich, um nicht Ursa-
che einer von vornherein vergeblichen Reise zu werden, noch auf Folgendes aufmerk-
sam machen:
1) Der äusserste Termin für die Ablieferung des Manuskripts ist mir wesentlich.
Liegt er mir zu nahe, so müsste ich sofort verzichten. Eine Mitteilung dieses Termins
wäre darum vielleicht allein schon negativ entscheidend. - Eine absolute Bindung -
sodass bei Nichterfüllung eine Schadenersatzpflicht oder dergl. einträte - würde ich
nicht eingehen können. Ein Vertrag über ein noch nicht geschriebenes Werk bedeu-
tet mir: Erfüllung nach besten Kräften und, wenn das Werk später fertig würde, nur
die Verpflichtung des Angebots an den Verlag, es zu den früheren Bedingungen zu
übernehmen. Bisher habe ich solche Verträge in meinem Leben allerdings stets auch
inbezug auf den Termin einhalten können.
2) Ich könnte keinerlei Bindung inbezug auf den Inhalt meiner Arbeit eingehen.
Diese kann ich ausschliesslich auf Grund eines Vertrauens übernehmen, das der Ver-
lag in mich setzt. Das Thema liegt mir im Ganzen meiner Arbeit, kann von mir aber
natürlich nur aus dieser heraus, nicht auf Bedingungen eines mir von aussen kom-
menden Programms erfüllt werden.
3) Mein Interesse ist - da ich etwas Derartiges zu schreiben Lust habe -, dass dies
in einer Sammlung wie der Ihrigen erscheint. Denn Bücher scheinen mir zwar besser
selbständig zu gehen, Broschüren von dieser Kürze jedoch nicht, oder nur für kurze
Zeit. Das Werkchen sollte mir zugleich Leser werben für meine Philosophie, von der
ich hoffe, dass sie in den nächsten Jahren herauskommt.
4) Der Besuch Ihres Referenten könnte durch seine damit verbundene Mühe un-
willkürlich für mein Gefühl ein leiser moralischer Druck werden, die Aufgabe zu über-
Karl Jaspers - de Gruyter
In ausgezeichneter Hochachtung
ergebenst
K. Jaspers
Da, wie ich sehe, die Göschenbändchen verschieden gedruckt sind, bitte ich Sie um
Übersendung eines Bogens in dem Satz, der für mein Bändchen in Aussicht genom-
men wäre.
62 Karl Jaspers an Konrad Grethlein
Manuskript; VA de Gruyter, mit dem Briefkopf Professor Karl Jaspers Plöck 66
Heidelberg, 1/3 29
Sehr geehrter Herr Grethlein!
Ab 4. März bis zum 10. März bin ich nach Anmeldung durch Postkarte jeden Tag um
12 Uhr bereit, Ihren Referenten zu empfangen.172 Jedoch möchte ich, um nicht Ursa-
che einer von vornherein vergeblichen Reise zu werden, noch auf Folgendes aufmerk-
sam machen:
1) Der äusserste Termin für die Ablieferung des Manuskripts ist mir wesentlich.
Liegt er mir zu nahe, so müsste ich sofort verzichten. Eine Mitteilung dieses Termins
wäre darum vielleicht allein schon negativ entscheidend. - Eine absolute Bindung -
sodass bei Nichterfüllung eine Schadenersatzpflicht oder dergl. einträte - würde ich
nicht eingehen können. Ein Vertrag über ein noch nicht geschriebenes Werk bedeu-
tet mir: Erfüllung nach besten Kräften und, wenn das Werk später fertig würde, nur
die Verpflichtung des Angebots an den Verlag, es zu den früheren Bedingungen zu
übernehmen. Bisher habe ich solche Verträge in meinem Leben allerdings stets auch
inbezug auf den Termin einhalten können.
2) Ich könnte keinerlei Bindung inbezug auf den Inhalt meiner Arbeit eingehen.
Diese kann ich ausschliesslich auf Grund eines Vertrauens übernehmen, das der Ver-
lag in mich setzt. Das Thema liegt mir im Ganzen meiner Arbeit, kann von mir aber
natürlich nur aus dieser heraus, nicht auf Bedingungen eines mir von aussen kom-
menden Programms erfüllt werden.
3) Mein Interesse ist - da ich etwas Derartiges zu schreiben Lust habe -, dass dies
in einer Sammlung wie der Ihrigen erscheint. Denn Bücher scheinen mir zwar besser
selbständig zu gehen, Broschüren von dieser Kürze jedoch nicht, oder nur für kurze
Zeit. Das Werkchen sollte mir zugleich Leser werben für meine Philosophie, von der
ich hoffe, dass sie in den nächsten Jahren herauskommt.
4) Der Besuch Ihres Referenten könnte durch seine damit verbundene Mühe un-
willkürlich für mein Gefühl ein leiser moralischer Druck werden, die Aufgabe zu über-