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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0339
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222

Karl Jaspers - Minuit

219 Karl Jaspers an Jean Brüller (genannt Vercors)
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: Jaspers
Heidelberg, 20.1.1947
Sehr geehrter Herr Vercors!
Ihren Brief vom 6.1. erhielt ich heute. Den Brief von Herrn Lescure habe ich Ende No-
vember erhalten und Anfang Dezember beantwortet. Meine Antwort scheint ihn lei-
der nicht erreicht zu haben. Ich lege den Durchschlag des Briefes bei.
Über Ihre Absicht, meine Schriften in Übersetzung zu bringen, bin ich ausser-
ordentlich erfreut. Was an mir liegt, will ich tun, was ich kann, damit das Ziel erreicht
wird. Es sind zwei Schwierigkeiten:
1) Von einem Amte der amerikanischen Militärregierung bin ich darauf hingewie-
sen worden, dass nach dem Gesetz Nr. 53 des Kontrollrates von Deutschen kein Ge-
schäft ohne Genehmigung gemacht werden darf. Auch die Schenkung eines Überset-
zungsrechtes sei ein Geschäft. Ich ging daraufhin zur Reichsbank als der Instanz für
die Erreichung einer solchen Genehmigung. Mir wurde ein Antragsformular vorge-
legt, das ich nicht ausfüllen konnte, da viele Fragen auf meine Gegenstände nicht zu-
trafen. Der Wert des Geschäftsobjektes muss angegeben werden. Bei meiner Schen-
kung des Übersetzungsrechtes an Fräulein Jeanne Hersch liegt aber kein angebbarer
Wert vor. Die Reichsbank sagte mir, dass solche Anträge ein halbes Jahr bis zur Ant-
wort brauchen und dann meist abschlägig beschieden würden. So bleibt mir nur üb-
rig, Sie zu bitten, Ihrerseits aus Ihrem Verlagsinteresse den Antrag auf Erwerb des Über-
setzungsrechtes ohne Honorar (das ich nicht beanspruche) zu stellen. (Ich weiss nicht,
bei welcher Instanz). Ich werde mit allem einverstanden sein, wenn nur die Überset-
zung zustande kommt.
2) Wegen meines Nietzsche hatte ich schon im Jahre 1945 - nichts ahnend von je-
nem Gesetz - das Übersetzungsrecht abgegeben. Dabei hatte die geschäftliche Seite
der Verlag zu ordnen, dem das Übersetzungsrecht gehört. Von einem Vertragsab-
schluss habe ich nichts gehört. Doch bin ich in jenem Falle moralisch gebunden, zu-
mal der Übersetzer schon einen beträchtlichen Teil der Arbeit geleistet hat. Ebenso
steht es mit meiner Schrift über »Die geistige Situation der Zeit«, die in Belgien über-
setzt wird.
Im übrigen bin ich frei. Ich würde Ihnen gern jedes meiner Bücher anvertrauen,
ohne mich damit jetzt schon vertraglich festzulegen.
Wegen meines Hauptwerkes - Philosophie in drei Bänden - muss mein Verleger
(Springer-Verlag, Heidelberg-Berlin) zustimmen, da er das Übersetzungsrecht besitzt.
Aber ich zweifle nicht, dass der Verlag, der mir 1937 Schwierigkeiten machte, als das
Werk von Pollnow ins Französische übersetzt werden sollte,474 jetzt sofort zustim-
men würde.
 
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