Metadaten

Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0694
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Karl Jaspers - Panagiotis Kanellopoulos

577

»Weltliteratur« Goethe erstrebte, und was die Deutschen jenes Jahrhunderts so weit-
gehend verwirklichten. Das Meiste des Grossen aus fremden Sprachen ist übersetzt,
einiges so grossartig, dass es deutsch geworden ist ohne zu grosse Verluste, - es sind
aber immer auch noch viele Lücken. Dass die Völker sich ins Auge blicken, indem sie
gegenseitig ihre Literatur kennen lernen und von Sprache zu Sprache vermitteln, das
ist im Grossen ein Akt der Communication, welche aus der Tiefe Mensch mit Mensch
grade auch dann verbinden kann, wenn sie in ihrer Artung sehr fern sind. Das Fremde
entzündet sich gegenseitig und kommt sich nah. Ich beschäftige mich seit Monaten
fast nur mit China und chinesischer Philosophie - allerdings ganz angewiesen auf
Übersetzungen.
Meiner Frau und mir geht es gut.
Wir beide grüssen Sie herzlich und bitten um eine Empfehlung an Ihre Frau.
Ihr sehr ergebener
5P5 Karl Jaspers an Panagiotis Kanellopoulos
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: Jaspers
Basel, den 19. XL 1952
Sehr geehrter Herr Kanellopoulos!
Eben lese ich in der Zeitung, dass Sie als Minister ohne Portefeuille der neuen griechi-
schen Regierung angehören, also offenbar als Berater des Ministerpräsidenten in den
politischen Grundfragen, ohne die Arbeitsbelastung eines Ressorts.1370 All die Jahre
habe ich, soweit die Zeitung berichtete, aufgemerkt, wenn Ihr Name vorkam. Darf ich
mir heute, in Erinnerung an unsere freundlichen Heidelberger Beziehungen, erlau-
ben, Ihnen zu gratulieren. Ihr Name war für mich von jeher von einem eigentümli-
chen guten Klange, weil ich etwas von dem Ethos, der Einsicht und der Weite Max We-
bers in Ihnen zu spüren meinte, den Sie einst gründlich studiert haben. Dass Sie jetzt
in dieser Regierung sitzen, die ich natürlich im Ganzen garnicht zu beurteilen vermag,
scheint mir dafür zu bürgen, dass hier der für Griechenland und die Welt rechte Weg
beschritten wird. Möchten Sie Erfolg haben, Griechenland im Inneren zum sittlichen,
geistigen, materiellen Aufschwung zu bringen, den besten Kräften Raum zu schaffen
und es nach aussen in der ungeheuren Weltspannung am rechten Platz zu erhalten.
Meine Frau und ich sind durch gute Freunde, vor allem durch den geliebten, in
England verstorbenen Demetrius Kapetanakis, der für Sie grosse Verehrung hatte,
mit Griechenland verbunden.
Mit herzlichen Glückwünschen und Grüssen
Ihr
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften