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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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LXVI

Einleitung des Herausgebers

Die Verlagsnotiz ist das einzige erhaltene Dokument, das für eine umfassende Mit-
wissenschaft Pipers spricht,297 aber es bleibt mit einem Unsicherheitsrest behaftet.
Eindeutige Belege für die wahre Identität Rössners ließen sich in anderen Autoren-
korrespondenzen Pipers im VA Piper nicht auffinden. Allerdings legen Dokumente
aus der NS-Zeit nahe, dass ein umfassendes Wissen um Rössners Vergangenheit für
Piper wohl kein allzu großes Problem bedeutet hätte, falls er tatsächlich nicht davon
gewusst haben sollte.
3.1 Rückblick: Klaus Piper in der NS-Zeit
In seiner Autobiographie Lesen heißt doppelt leben schildert Klaus Piper, wie man ihn
zur Mitgliedschaft in der NSDAP zu drängen suchte, er aber andererseits auch Fürspre-
cher fand, dies nicht notwendig tun zu müssen. Denn die Partei sei nicht an gezwun-
genen Sympathisanten, sondern an freiwilligen Mitvollstreckern und Gefolgsleuten
als Mitgliedern interessiert.298 Das ist sicher ein sehr euphemistischer Blick auf die Zeit
eines Terrorregimes. Die Äußerung sollte wohl auch erklären, warum jemand, der kein
Parteimitglied war, im September 1941 Mitinhaber des Piper Verlags werden konnte.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der Piper Verlag stets versucht hat, mit den
NS-Behörden sachlich zu kommunizieren und ggf. im eigenen Interesse wohlbegrün-
det nachzuhaken. Hierzu zwei Beispiele: Im Juni 1938 teilt die Geheime Staatspolizei
dem Piper Verlag telefonisch mit, ein Text Ernst Wiecherts zu einem Buch mit Foto-
grafien von Land und Leuten in Ostpreußen könne nicht erscheinen. Eine schriftli-
che Bestätigung erfolgt nicht. Unter Verweis auf den Schaden des Verlags bei Nichter-
scheinen und auf die Unersetzbarkeit jenes »absolut harmlosen« Textes eines Autors,
dessen andere Bücher sich weiterhin im Handel befinden, kündigt Reinhard Piper
an, in den nächsten Tagen diesbezüglich vorzusprechen.299 Die Besprechung ver-
läuft erfolgreich. Denn auf sie Bezug nehmend, teilt Piper nun der Reichsschrifttums-
kammer mit, »dass von Seiten der Geheimen Staatspolizei gegen das Erscheinen des
Buches nichts eingewendet wird.«3°° Als keine Antwort eintrifft, schreibt - diesmal
Klaus Piper - an das Propagandaministerium und fügt jenes Schreiben an die Reichs-
schrifttumskammer nochmals bei,301 ergänzt um eine aktuelle Mitteilung Wiecherts,

297 Dass sich Rössner im Januar 1976, einige Wochen nach Arendts Tod, gegen eine Neuauflage des
Eichmann-Buches entschied (vgl. K. Piper: Notiz, 21. Januar 1976, ebd.; M. Wildt: Generation des
Unbedingten, 813), lässt sich wohl schwerlich als weiteres Zeugnis im obigen Sinne anführen.

298 Vgl. K. Piper: Lesen heißt doppelt leben, 81-82.

299 Piper Verlag an die Geheime Staatspolizei (Presseabteilung), 23. Juni 1938, Durchschlag, DLA, A:
Piper.

300 R. Piper an den Präsidenten der Reichsschrifttumskammer, 9. Juli 1938, Abschrift, ebd.

301 Vgl. K. Piper an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (Abt. Schrifttum),
2. September 1938, Durchschlag, ebd.
 
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