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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0179
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1948)

47 Karl Jaspers an Klaus Piper
Typoskript; DLA, A: Piper, hs. PS, mit dem Stempel Prof. Karl Jaspers Basel Austrasse 126
Basel, den 4. Oktober 1948
Sehr verehrter Herr Piper!
Heute morgen dachte ich: ich erhalte kein Wort von Herrn Piper, heute will ich ihm
doch schreiben, vielleicht ist dort irgendetwas nicht in Ordnung. Nun kommt eben
mit der Frühpost Ihr Brief. Ich danke Ihnen und freue mich der im ganzen guten Nach-
richten. Die Buchbinderei, die seit Dezember die endgültige Fertigstellung versprach
und nach Ihrer Mitteilung die ganze Auflage seit Anfang des Jahres in Arbeit hatte, hat
Sie wie mich etwas enttäuscht. Aber Sie haben natürlich Grund, die Beschaffung des
Einbandgewebes als eine so hohe Leistung anzusehen, dass dadurch das unverhältnis-
mässig lange Zögern ausgeglichen wird.
Anfang 1949 wird also Ihr Besuch in der Schweiz stattfinden. Ich freue mich, Sie
dann sprechen zu können. Besonders froh bin ich, dass die Reiseverschiebung durch
neue interessante Projekte Ihres Verlages mitveranlasst ist.
Sie fragen mich nach der Chance der Fertigstellung der geplanten Bücher von mir.
Wie so oft: der Autor hat seine Arbeit nicht wie eine planmässig dirigierte Maschine
in der Gewalt. So ist jetzt zunächst ein anderes, vor einem Jahre noch garnicht geplan-
tes Buch fertig geworden (die Endabschrift der zweiten Fassung ist noch nicht fer-
tig): »Vom Ursprung und Ziel der Geschichte«.225 Ich möchte das Buch gleichzeitig in
der Schweiz und in Deutschland erscheinen lassen, ohne dass die eine Ausgabe eine
Lizenzausgabe der anderen wäre. Der Schweizer Verlag ist einverstanden.226 Nun frage
ich Sie, ob Sie ebenfalls bereit sind. Ihre Ausgabe wäre im Verkauf auf die deutschen
Länder beschränkt, die Schweizer Ausgabe auf die Schweiz und alle Länder der übri-
gen Welt einschliesslich Österreichs. Das Buch wird etwa 350 Schreibmaschinensei-
ten umfassen. Es entstand aus meiner ersten Baseler Vorlesung diesen Sommer und ist
in den Ferien ausgearbeitet worden.227
Die Kategorienlehre habe ich ein wenig nur gefördert, hoffe im Winter anläßlich
meiner Vorlesung damit weiter zu kommen.228 Einen Termin vermag ich nicht anzu-
geben. Es wird noch längere Zeit dauern, bis ich fertig bin.
Das Buch über »Deutsche Selbstbesinnung« liegt als dicker Manuscriptpacken
da. Manches ausgearbeitet, viele Notizen. Mein Herz ist an diesem Buche sehr betei-
ligt. Es handelt sich darum, was Deutschland ist und sein kann. Meine Auffassungen
widersprechen so sehr dem, was in breitesten Kreisen heute noch als selbstverständ-
lich gilt, dass ich ein wenig gehemmt bin. Im Sommer schrieb ich einen Aufsatz »Vom
deutschen Selbstbewusstsein«, einige Gedanken aus meinem Buch. Ich habe ihn dann
doch nicht publiciert.229 Es schien mir nicht an der Zeit. Der Entrüstungssturm, den
ich erwartete, war mir unerwünscht und erschien unfruchtbar. Vor allem dachte ich,
 
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