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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0194
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1949)

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ger auf Seite 179 als nationalsozialistische zu bezeichnen und auf dieselben Vergewal-
tigungen des Menschen auch in anderen modernen totalitären Staaten hinzuweisen.
Ich habe es als besonders erfreulich und tröstlich empfunden, dass hervorragende
ausländische Schriftsteller, die glühende Hasser des Nationalsozialismus waren, nach
Kriegsende gegen eine Stimmung in ihren Ländern ankämpften, die die Menschen
mit dem Finger nur auf das böse, gefallene Deutschland zeigen und das eigene Teil-
haben an der geistigen Erkrankung der Welt vergessen liess. Ich denke hierbei beson-
ders an Bernanos.258
Ich las kürzlich den Roman »Wem eine Stunde schlägt« (To whom the Bell tolls)
von Hemingway.259 Er ist deutsch bei Bermann-Fischer erschienen und in der Schweiz
erhältlich.260 Sollten Sie das Werk noch nicht kennen, so möchte ich es Ihnen sehr
empfehlen. Es ist, rein als Erzählung, meisterhaft, in der moralischen und geisti-
gen Haltung, da der einzige feste Halt in einem letztlich ungeklärten Humanismus
gesucht wird, nicht ohne Gefährdung, aber wie wohl nur wenige zeitgenössische
Romanwerke repräsentativ für das, was das Leben heute für den Menschen bereithält.
Ich erwähne das Buch in diesem Zusammenhang deshalb, weil mir seine Objektivität
sehr gefallen hat. Hemingway selbst hat den spanischen Bürgerkrieg, meines Wissens
als Reporter bei der republikanischen Armee, gründlich kennengelernt. Sein Held ist
ein amerikanischer Universitätsdozent, der als Freiwilliger auf der Seite der Republika-
ner mitkämpft. Es werden unvorstellbare Greuel auf beiden Seiten, bei den Republi-
kanern und den Faschisten, enthüllt. Hierdurch und auch durch Hemingways Distan-
zierung von allem blossen Fanatismus und von aller Entartung der Menschlichkeit,
ist ein hoher Grad der Gerechtigkeit erreicht, obwohl der Autor, wie man es deutlich
spürt, mit seinem Herzen auf der »linken« Seite steht. - Mit dem Hinweis auf das Buch
von Hemingway will ich nur insofern eine Parallele ziehen, als es bei mir so sehr um
die Frage der alles einschliessenden Gültigkeit zu tun ist.
Bitte verzeihen Sie, dass ich so ausführlich geworden bin. Eine zu grosse Knappheit
wäre bei dieser Frage der Klarheit nicht dienlich gewesen.
Ich sende die Seite 181 deshalb mit, damit Sie die ganze Stelle im Zusammenhang
vor sich haben. Im Sinne des Vorhergehenden haben wir zum Wortlaut dieser Seite
nichts vorzubringen.
Der Satz des Werkes beginnt in diesen Tagen. Wir haben dazu das jetzige Druck-
haus der Amerikanischen Armee in München gewonnen. Es ist dies die grosse frü-
here Druckerei Müller & Sohn, die früher den Völkischen Beobachter gedruckt hat
und in der jetzt die Neue Zeitung und die von der Militärregierung herausgegebenen
Zeitschriften hergestellt werden. Durch die Gewinnung dieses Betriebs für den Druck
Ihres Buchs haben wir den Vorteil, dass wir von den sonst wirtschaftlich geradezu läh-
menden Stromsperren unabhängig sind. Der Satz erfolgt in der Gentzsch-Antiqua. Ich
sende Ihnen anbei eine Probeseite, die nach einem Text aus dem »Philosophischen
 
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