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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0210
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1950)

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damit - für die hiesigen Verhältnisse - sehr zufrieden. - Meine Radiovorträge, die am
14. Dezember erschienen (8 Franken),302 wurden bis jetzt mit etwa 1 500 Exemplaren
verkauft, für die Schweiz ganz ungewöhnlich. Das war eine Zufallssache infolge des
Auftrags des Schweizer Landessenders.
Sie fragen nach meinen Arbeiten. Solche Anfrage eines Mannes, der zugleich sach-
lich interessiert ist und solche Absatzerfolge erzielt, wirken auf mich ermunternd. Das
ist nicht ganz ohne Gefahr. Ich will Ihnen - vertraulich - berichten, was ich plane. In
den letzten Jahren habe ich, durch Gelegenheiten veranlasst, manche beiläufige Arbeit
geschrieben und veröffentlicht. Meine eigentlichen Pläne aber sind die Fortsetzung
der Logik, vor allem die Kategorienlehre, - und eine »Weltgeschichte der Philosophie«.
An der letzteren arbeite ich seit langem.303 Ein Schrank voll Notizen und Manuscripten
sind die bereit liegenden Vorarbeiten. Das Werk selbst soll in einem Bande etwas lei-
sten, was ich Ihnen kurz kaum skizzieren kann, - nicht etwa eine chronologische Er-
zählung des Ganzen, - sondern eine Behandlung der 2 ^ Jahrtausende wie eine einzige
Gegenwart, als ob ich mit Zeitgenossen redete. Mein Buch: »Vom Ursprung und Ziel
der Geschichte« ist die erweiterte Einleitung dieses Werkes, das nun durch die selbstän-
dige Publikation davon entlastet ist. Ich möchte die unfassbare philosophia perennis
in dem umfassendsten Bereich scheinbar heterogener Erscheinungen, in ihrem Wider-
spiel der Ursprünge, und in ihren grossen Erscheinungen zeigen. Aber es wird noch ge-
raume Zeit dauern, bis ich an Abschluss, an endgültige Ausarbeitung und Redaktion
denken kann. Zunächst neige ich zu nochmaligem Atemholen durch nochmalige Ver-
tiefung der Studien. Im Sommer will ich eine Platovorlesung als Hauptvorlesung hal-
ten304 und nicht geradezu an das Schreiben eines fertig zu stellenden Werkes gehen.
Daneben habe zwei kleinere Pläne: Ein Einleitungsbuch, das ich vielleicht nenne
»Das Grundwissen«, - und mein Deutschlandbuch. Das erstere wurde angeregt durch
Zusammenwirken eines englischen und amerikanischen Verlags, die eine Einleitung
in meine Philosophie wünschten.305 Obgleich viel dazu schon geschrieben ist, sehe
ich noch keinen Termin. Das Problem des Deutschlandbuches erregt mich immer von
neuem. Notizen wandern in die Fächer. Ob und wann ich es wage, weiss ich nicht. Es
liegt mir am positiven deutschen Selbstbewusstsein, unabhängig von Politik, aber mit
der Folge einer Umformung des Bewusstseins von deutscher Geschichte.
Und noch weitere Pläne habe ich. Sie sehen: viel zu viel. Was fertig wird, muss sich
entwickeln ohne Gewaltsamkeit meinerseits.
Verlegerisch sehen Sie, dass ich Ihnen im Augenblick nichts anbieten und auch
nichts auf einen Termin in Aussicht stellen kann. Dass ich 1950 ein Manuscript ablie-
fere, ist unwahrscheinlich. Sollte wider Erwarten etwas zum Abschluss drängen, so
wäre es am ehesten das kleine Buch über das Grundwissen. Die Hauptsache bleiben
die Kategorienlehre und die Weltgeschichte der Philosophie. Wenn ich etwas anderes
mache, habe ich immer zugleich Bedenken wegen Zeitverlust.
 
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