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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0298
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1954)

197

117 Klaus Piper an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, aufBriefpapier des R. Piper & Co Verlags München
24. Februar 1954
Sehr verehrter, lieber Herr Professor!
Besten Dank für Ihre freundlichen Zeilen vom 19. Februar und für die Übersendung
der bei Ihnen doppelten Belegstücke der Übersetzungen Ihrer Bücher. Dies ist ein
schöner Zuwachs für unser Verlagsarchiv. Es ist auch gut, wenn ich gelegentlich einem
ausländischen Verleger Übersetzungsausgaben unserer Autoren im Original zeigen
kann.
Ihre Argumente gegen eine zweibändige Ausgabe der »Weltgeschichte der Philo-
sophie« hatten mich schon bei unserem Gespräch darüber in Basel überzeugt, nach-
dem Sie mir gesagt hatten, daß Sie es unter allen Umständen anstrebten, die gesetzte
Umfangsgrenze für das Werk bei der späteren Konzentrierung einzuhalten. Ihr Plan,
den einen der sechs Teile des Werkes, den über »Die großen Philosophen«, als beson-
dere Ergänzungsveröffentlichung zu bringen, gefällt mir sehr gut. Einmal deswegen,
weil dieser Teil im Zusammenhang des ganzen Werkes ja von Anfang an inhaltlich,
und auch hinsichtlich der Darstellung, von der Sie einmal zu mir sprachen, einen
besonderen Charakter haben wird; dann aber auch, weil ich glaube, daß diese Einfüh-
rung in die großen Philosophen, die ja die kurzen ersten Hinweise Ihrer kleinen »Ein-
führung« zu einer größeren Entfaltung bringen würde, sicher als gesondertes Buch
weithin Interesse fände, da dieses einem besonderen Bedürfnis diente. Noch einen
Gedanken möchte ich aussprechen: gewisse Vertreter einer rein rationalistischen
oder nach-idealistischen Philosophie reden von der »Existenz-Philosophie«, wenn
sie deren große Wirkung auch nicht leugnen können, doch immer wieder so, als ob
sich durch die existentielle Philosophie schlechthin ein Abfall von aller großen Phi-
losophie von Sokrates bis Kant vollzogen habe; während das Denken der Philosophen
früher auf die ewigen großen Gegenstände des menschlichen Geistes gerichtet gewe-
sen sei, sei nun alles zu historischen oder subjektiven Relativitäten degradiert. Sol-
che oberflächlichen Urteile von Leuten, die den großen »Erdrutsch« seit Nietzsche
und Kierkegaard, wie er durch Ihr Denken in produktiver Bewegung fortgesetzt wor-
den ist, müßten meiner Meinung nach erst recht als unhaltbar evident werden, wenn
das geplante Buch zeigt, zu welchem wesentlichen Teil Ihre Philosophie erneuernde
Aneignung der großen Philosophen bedeutet.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Klaus Piper
 
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