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Jaspers, Karl; Piper, Klaus; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,2): Ausgewählte Korrespondenzen mit dem Piper Verlag und Klaus Piper 1942-1968 — Basel: Schwabe Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.71782#0337
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Karl Jaspers - Piper Verlag (1955)

den »Vorratsspeicher« Ihres Weltgeschichte-Aktenschranks wie greifbar vor mir und
deshalb auch die theoretische Möglichkeit, daß die »Weltgeschichte« als Gesamtwerk,
das Ihre Vorbereitungen und ausgearbeiteten Texte in deren vollem Umfang bringen
würde, sich dann auf mehrere Bände erstreckte. Es wäre allerdings die Durcharbeitung
der gesamten Materialien zu einem mehrbändigen Werk gewiß eine Aufgabe, die Ihre
Zeit und Kraft wohl für mehrere Jahre weitgehend absorbieren würde. Das mehrbän-
dige Werk würde vielleicht im äußeren Erscheinungsbild der Original-Ausgabe von
Toynbees »Study of History« entsprechen.704 Wenn man die Parallele, wie gesagt, nur
eine äußerliche, fortsetzen wollte, so würde man als eigentliches Publikums-Buch
für weltweite Verbreitung dann ebenfalls einen einbändigen Extrakt aus der mehr-
bändigen Ausgabe ins Auge fassen. Ich erinnere mich noch, wie Sie einmal in einem
Gespräch auf die erstaunliche Tatsache hinwiesen, daß Toynbees einbändiger Auszug
durch eine Buchklub-Ausgabe in Amerika in mehreren hunderttausend Exemplaren
verbreitet wurde;7°5 dabei wiesen Sie allerdings selbst auf die besonderen soziologi-
schen Voraussetzungen dieses Phänomens, z.B. den Grundton des christlichen Opti-
mismus bei Toynbee als der amerikanischen Durchschnittsmentalität wohlgefälli-
ges Element, hin. - Wenn ich aber diesen Aspekt des realen Erfolgs noch abschließen
darf, so damit, daß die Stoßkraft heute, in der Zeit der zeitlichen Überlastung gerade
der allgemein gebildeten Leser, bei einem einbändigen Werk gegenüber einem Zwei-
bänder die überlegene ist (der enorme Erfolg von Spenglers zweibändigem »Unter-
gang des Abendlands« nach dem Ersten Weltkrieg scheint dem zu widersprechen.7'6
Dies Werk antwortete aber sensationell auf die damals wohl fast hysterische Erwar-
tung nach einem solchen Welterklärer, - und die gebildeten Leser waren noch nicht
in dem Maß wie heute von der angina pectoris befallen). Bitte nehmen Sie diese Per-
spektive: mehrbändiges Gesamtwerk / einbändiges Extraktwerk fürs große Publikum,
wie gesagt, nur als theoretisch. Real ist Ihre umfangreiche Vorarbeit wohl doch in der
Grundrichtung verlaufen und auch schon so weit gediehen, daß die Darbietung des
Stoffs in den zwei Hauptbänden:
I. »Die großen Philosophen«
II. »Weltgeschichte der Philosophie« (mit dem Ergänzungsband über die Metho-
dik des Unternehmens)
die gegebene Erscheinungsform sein wird.
Anbei sende ich Ihnen einen Ausschnitt aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
vom 27. August, der Sie vielleicht interessiert, da er ein Gespräch von Joseph Schum-
peter mit Max Weber wiedergibt.707
Für heute mit herzlichen Grüßen
Ihr sehr ergebener
Klaus Piper
 
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