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Karl Jaspers - Piper Verlag (1958)
Der Ihrem letzten Schreiben beigelegene Brief an Herrn Schünemann wurde von
diesem sorgfältig erledigt.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Klaus Piper
201 Karl Jaspers an Klaus Piper
Typoskript; DLA, A: Piper
Basel, den 31. Dezember 1958
Lieber Herr Piper!
Am Abschluss dieses Jahres denke ich zurück: welchen Erfolg es brachte in unse-
ren gemeinsamen Unternehmungen. Es war eine Häufung, bei der Pläne, Zufall und
Glück ineinanderspielten. Ich erinnere mich an unsere nun schon länger zurück-
liegende Besprechung, der dann eine Reihe gleichzeitiger Verträge folgten, die sich
1958 realisierten. Damals bekam ich etwas Angst bei meinem Übermut. Sie griffen die
Dinge auf, verständnisvoll für den Inhalt, und nutzten dann für die Verbreitung mei-
nen 75. Geburtstag und den Friedenspreis. So haben Sie einen nicht wiederkehrenden
öffentlichen Erfolg erzielt.
Ihr ständig wachsender Verlag hat zahlreiche und gute Erscheinungen gebracht,
von denen ich einige der mir von Ihnen zu Weihnachten geschenkten bisher nur
flüchtig einsehen konnte. Ich meine, dass Sie froh sind, unbestritten unter den ange-
sehensten deutschen Verlegern zu stehen. Daran freue ich mich mit Ihnen. Ihr Erfolg
im Ganzen kommt damit auch meinen Schriften zugute.
Wir beide schaffen weiter. Bei mir ist jetzt wesentlich, dass ich die Besinnlichkeit
festhalte und bei den »Grossen Philosophen« bleibe. Die Öffentlichkeit hat für einen
Schriftsteller etwas Verführendes. Vielleicht würden Sie sich wundern, was alles ich
ablehne, das in der modernen Welt infolge des öffentlichen Geschehens dieses Jah-
res an mich herankommt.
Wegen meiner »Atombombe« denke ich, dass ich die früher geplante Neubearbei-
tung doch nicht mache. Fange ich einmal an, so würde es nicht allzu viele Korrektu-
ren geben, aber leicht eine Verstümmelung. Dagegen wäre ein längeres Nachwort, das
seinen Platz nach dem Vorwort erhielte, vielleicht sinnvoll. Ich könnte noch einmal
die Hauptpunkte knapp akzentuieren, verbreitete Missverständnisse aufhellen und
bei dieser Gelegenheit die gesamte Kritik, die ich erfahren habe, noch einmal durch-
sehen und im grundsätzlichen beantworten.1052 Die grösste Lücke ist vielleicht der
Mangel einer näheren Erörterung über die Frage, wie man mit den Russen und den
Totalitären überhaupt reden könne. Darüber habe ich auf zwei Seiten (im Abschnitt
Karl Jaspers - Piper Verlag (1958)
Der Ihrem letzten Schreiben beigelegene Brief an Herrn Schünemann wurde von
diesem sorgfältig erledigt.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Klaus Piper
201 Karl Jaspers an Klaus Piper
Typoskript; DLA, A: Piper
Basel, den 31. Dezember 1958
Lieber Herr Piper!
Am Abschluss dieses Jahres denke ich zurück: welchen Erfolg es brachte in unse-
ren gemeinsamen Unternehmungen. Es war eine Häufung, bei der Pläne, Zufall und
Glück ineinanderspielten. Ich erinnere mich an unsere nun schon länger zurück-
liegende Besprechung, der dann eine Reihe gleichzeitiger Verträge folgten, die sich
1958 realisierten. Damals bekam ich etwas Angst bei meinem Übermut. Sie griffen die
Dinge auf, verständnisvoll für den Inhalt, und nutzten dann für die Verbreitung mei-
nen 75. Geburtstag und den Friedenspreis. So haben Sie einen nicht wiederkehrenden
öffentlichen Erfolg erzielt.
Ihr ständig wachsender Verlag hat zahlreiche und gute Erscheinungen gebracht,
von denen ich einige der mir von Ihnen zu Weihnachten geschenkten bisher nur
flüchtig einsehen konnte. Ich meine, dass Sie froh sind, unbestritten unter den ange-
sehensten deutschen Verlegern zu stehen. Daran freue ich mich mit Ihnen. Ihr Erfolg
im Ganzen kommt damit auch meinen Schriften zugute.
Wir beide schaffen weiter. Bei mir ist jetzt wesentlich, dass ich die Besinnlichkeit
festhalte und bei den »Grossen Philosophen« bleibe. Die Öffentlichkeit hat für einen
Schriftsteller etwas Verführendes. Vielleicht würden Sie sich wundern, was alles ich
ablehne, das in der modernen Welt infolge des öffentlichen Geschehens dieses Jah-
res an mich herankommt.
Wegen meiner »Atombombe« denke ich, dass ich die früher geplante Neubearbei-
tung doch nicht mache. Fange ich einmal an, so würde es nicht allzu viele Korrektu-
ren geben, aber leicht eine Verstümmelung. Dagegen wäre ein längeres Nachwort, das
seinen Platz nach dem Vorwort erhielte, vielleicht sinnvoll. Ich könnte noch einmal
die Hauptpunkte knapp akzentuieren, verbreitete Missverständnisse aufhellen und
bei dieser Gelegenheit die gesamte Kritik, die ich erfahren habe, noch einmal durch-
sehen und im grundsätzlichen beantworten.1052 Die grösste Lücke ist vielleicht der
Mangel einer näheren Erörterung über die Frage, wie man mit den Russen und den
Totalitären überhaupt reden könne. Darüber habe ich auf zwei Seiten (im Abschnitt