Metadaten

Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki, Christine [Hrsg.]; Schulz, Fabian [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 1): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Autor - Werk - Überlieferung — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51241#0055
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
54

Volker Henning Drecoll

von Konstantinopel 553 bleibt unerwähnt. Die Darstellung ist rudimentär66 und in
sich völlig unverständlich. Gründe für die Absetzung und Einsetzung werden bis auf
eine Ausnahme nicht genannt, die eine Ausnahme verweist aber gerade auf kanoni-
sche Gründe, also nicht auf eine Auseinandersetzung um die Orthodoxie. Der Kaiser
taucht nur indirekt auf: Zweimal dient ein kaiserliches όχημα als Bühne für den
offensichtlich anerkannten Menas, einmal wird Vigilius vom Kaiser angenommen.
Genau an dieser Stelle enthält die Abfolge chronistischer Notizen noch einen
Fehler in der Reihenfolge und erzählt den 28. Juni vor dem 26. Juni. Dass dies kein
Versehen (zum Beispiel beim Abschreiben des Datums) des Epitomators war, legen
die Fragmenta Tusculana nahe, die genau an dieser Stelle erhalten sind und wesentlich
ausführlicher sind. Dass das Verhältnis zwischen Epitome und Malalastext durch-
gängig ungefähr dem entspricht, was man hier vor Augen hat, lässt sich nicht erhär-
ten (das 18. Buch wäre dann extrem lang). An unserer Stelle ist interessant, dass die
Fragmenta Tusculana zwar den Sachverhalt ausführlicher schildern - die kirchenpoli-
tischen und theologischen Zusammenhänge allerdings gar nicht andeuten.
An dem Text der Tusculana Fragmenta ist hier merkwürdig:
- Vor dem Wagen des Menas beim Reliquienumzug fährt ein zweiter kaiserlicher
Wagen.67 Die Konjektur Thurns άδέστρατον (ohne Wagenlenker) ist problema-
tisch. Als Adjektiv zu dem όχη μα βασιλικόν scheint mir das Wort wenig passend
zu sein.68
- Die Ergänzung, wonach Vigilius nach der erfolglosen Verhaftung in der Sergios-
kirche nach Chalkedon (und hierbei in die Euphemiakirche) flieht, ist vom Editor
ergänzt.69 Das Jahr 55isq. meint die 15. Indiktion (nicht die 13. Indiktion). Die
Flucht nach Chalkedon erfolgte im Dezember 551 (also in der 15. Indiktion), die
unmittelbar anschließend genannte Versöhnung sogar erst im Juni 552. Die Ereig-
nisse werden also chronologisch falsch einsortiert.
Die Tendenz, jede kirchenpolitische Erläuterung zu streichen, lässt sich auch beson-
ders aus dem Vergleich mit dem Bericht bei Theophanes sehen (der allerdings den
66 Hierauf weist auch Blaudeau (2006), S. 250 hin.
67 Die Ergänzungen von Thurn sind erfolgt aufgrund von Theophanes, Chronographia (227,13-15 de Boor).
68 Der Begriff entstammt der militärischen Sprache, cf. den Abschnitt περί αδεστράτων (d.h. „Über
Ersatzpferde“) bei Pseudo-Maurikios, Strategien V 2 (S. 210, Z.1-14).
69 Die Notiz von Thurn kennzeichnet die Worte εις την εκκλησίαν τής αγίας Ευφημίας, τέλος δε
έδέχθη ύπό μεταμεληθέντος (Malalas, Chronographia XVIII112 (Fragmenta Tusculana 413, +43/.))
als Ergänzung. Als Quelle gibt Thurn an: „e Bar. ad annum DLIsq.“ (ebd.). Gemeint ist Caesar Baro-
nins, Annales Ecclesiastic! (...) una cum critica historico-chronologica Antonii Pagii,Tom. 10, Lucca
1741, p. 75 f. (Christi 552, Vigilii Pap. 13, Justiniani Imp. 26, Totilae Reg. 11): „Ubi Justinianus Imperator
accepit Vigilium Romanum Pontificem justo metu perculsum e Petri basilica confugisse Chalcedonem,
& in ecclesia Euphemiae martyris cum suis degere, insuper & corporis mala valetudine laborare: facti
poenitens, non milites qui eum inde abducerent misit iratus, sed dignam tanto Pontifice legationem
ornavit, qua eum juramento praestito in pristinum domicilium honorifice revocavit.“ (online: https://
archive.0rg/stream/annalesecclesias10bar0#page/74/m0de/2up; letzter Zugriff: 24. September 2014).
Die Auflösung der Kürzel „Bar.“ (die aus Thurns Edition nirgends hervorgeht) als Baronins verdanke
ich einem mündlichen Hinweis von Wolfram Brandes.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften