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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0082
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Malalas und die Quellen für die Zeit der Soldatenkaiser

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Vor diesem Hintergrund werden umgekehrt auch die Gründe für die Aufnahme
vieler Stellen deutlich, die als kleinsten gemeinsamen Nenner die bloße Tatsache auf-
weisen, dass sie in der Ιστορία νέα des Zosimos keine Entsprechung finden. Das ist
zum Beispiel beim Fragment VUIb Thurn der Fall, das vom Tod Gordians I. infolge
einer Krankheit berichtet, die er sich auf der Überfahrt von Afrika nach Rom zugezo-
gen hatte: Da es sich hierbei um ein Detail handelt, das in anderen Überlieferungsli-
nien fehlt, im Chronicon Paschale jedoch vorhanden ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass
es aus der Chronographia des Malalas stammt.33 Im Gegensatz dazu berichtet Zosi-
mos, dass sowohl Gordian I. als auch sein Sohn auf der Überfahrt nach Rom in einem
Seesturm umkamen.34 Das bedeutet: Auch wenn Theodoros allem Anschein nach den
Großteil der Informationen über den Bürgerkrieg des Jahres 238 n.Chr. dem Werk
des Zosimos entnommen hat, sind dennoch Spuren der Malalas-Chronik erkennbar.35
Diese empirische Methode erweist sich als richtig, wenn man den nachfolgenden
Abschnitt der Chronographia, für den der Baroccianus wieder erhalten ist, mit dem
Skutariotes-Text vergleicht. Die Analyse beweist, dass Theodoros auf unsystematische
Weise sowohl auf Zosimos als auch auf Malalas zurückgreift und mal den einen, mal
den anderen bevorzugt oder sogar beide in einem Abschnitt vermischt - ohne eine
erkennbare Logik.
Einige Beispiele: Bezüglich der Herrschaft Valerians gibt die kurze Zusammenfas-
sung von Skutariotes in groben Zügen die Erzählung des Zosimos wieder (unter
anderem auch die betrügerische Gefangennahme durch die Perser) und weicht
stark von der Version des Baroccianus ab.36 Was Gallienus angeht, kürzt Theodoros
das Material der Ιστορία νέα und flickt es ungeschickt zusammen (der Mörder
des Kaisers ist dort Claudius, nicht Heraclianus wie bei Theodoros), verwechselt
33 Malalas, Chronographia fr. VUIb Thurn = Theodorus Scutariotes, Synopsis S. 36,15-16 Sathas (der Text
fehlt in den Χρονικά) und Malalas, Chronographia fr. VHId Thurn = Chronicon Paschale 502, S. 3-4
Dindorf (νόσω βληθείς). Diese Meinung vetraten bereits Schenk Graf von Stauffenberg (1931), S. 356
und Patzig (1896), S. 41-42. Einen Überblick über die unterschiedlichen Traditionen bezüglich des
Todes Gordians I. bietet Mecella (2007), S. 499-501. Es ist bemerkenswert, dass auch in Zonaras,
Epitome historiarum XII17 (S. 579,18-22 Pinder) dieselbe Todesursache (Krankheit in Rom nach müh-
samer Überfahrt) zu finden ist (neben der Version des Zosimos): Es erscheint deshalb plausibel, dass
Zonaras diese Information aus der Synopsisquelle ableitete.
34 Zosimus, Historia nova 116,1.
35 Theodoros erwähnt den Aufstand der Gordiani in Afrika und den darauffolgenden Bürgerkrieg, dessen
wichtigste Ereignisse berichtet werden {Synopsis S. 35,25-36,19 Sathas; ein Großteil der hier wiederge-
gebenen Informationen findet keine Entsprechung in den Χρονικά, II 42 und 44-45 Tocci). Obwohl
Theodoros’ Version sehr kurz und fehlerhaft ist (die Verwechslung zwischen Gordian II. und Gordian
III. ist z.B. ganz offensichtlich), verrät sie den Rückgriff auf Zosimus, Historia nova 114-16: siehe dazu
im Detail Mecella (2007), S. 498-502 und 505-508. Andererseits könnten die Seitenhiebe gegen die
Grausamkeit des Maximinus {Synopsis S. 35,19-25 Sathas; der Text fehlt in den Χρονικά) auch von
Malalas stammen.
36 Siehe Zosimus, Historia nova I 29-36 und Theodorus Scutariotes, Synopsis S. 38,15-19 Sathas (zusam-
mengefasst in Chronica II53 Tocci), zu vergleichen mit Malalas, Chronographia XII 26 (S. 228,51-229,99
Thurn); vgl. Patzig (1896), S. 45. Für die unterschiedlichen Versionen über Valerians Schicksal siehe z.B.
Bleckmann (1992), S. 97-106; Brecht (1999), S. 254-256; Baldini (2000), S. 85-96; Martolini (2009),
S. 85-108, 252-258,294-301; Martolini (2010), S. 215-221 und 227-229; Glas (2014), S. 181-186.
 
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