Metadaten

Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0347
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
346 Fabian Schulz
lion sei Teiresias verbannt worden, weil er weibisch war und sich intensiv mit der
weiblichen Fruchtbarkeit beschäftigte. Laut Sophokles sei Teiresias hingegen zur Frau
geworden, nachdem er Athene beim Bade gesehen hatte; außerdem habe er nach dem
Wissen des Schöpfers gestrebt, ohne es zu erreichen. Sophokles selbst habe daher
dargelegt, was der Wahrheit entspreche:
έξωρίσθη εις τό ιερόν Δαφναίου Απόλλωνος, ώς γυναικώδεις έχων
φρένας, καί πολυπραγμονούντο, πώς μιγνυμένη γυνή μετά άνδρός
συλλαμβάνει, καί ή φύσις του αίματος μερίζεται εις όστέα καί σάρκας
καί φλέβας καί νεύρα καί αίμα, καί ζωογονείται βρέφος καί τίκτεται·
άτινα ό σοφότατος Κεφαλιών συνεγράψατο. ό γάρ σοφότατος
Σοφοκλής δράμα έξέθετο καί ποιητικός είπεν, ότι τήν Παλλάδα
είδεν λουομένην καί γυνή έγένετο· ό Τειρεσίας, φησίν, τήν σοφίαν
τού δημιουργού έζήτησεν γνώναι καί ούκ ήδυνήθη· όθεν έξέθετο ό
αύτός Σοφοκλής έν τοΐς αύτού συγγράμμασι ταύτα άληθείας είναι·
'εις έστιν ό θεός, ός τον ούρανόν έτευξεν καί γαΐαν μακράν πόντου τε
χαροπού οίδμα καί άνέμων βίας· θνητοί δέ πολλοί καρδία πλανώμενοι,
ίδρυσάμεθα πημάτων παραψυχάς θεών άγάλματα έκ λίθων καί ξύλων
ή χρυσοτεύκτων <ή> έλεφαντίνων τύπους θυσίας τε τούτοις καί κενάς
πανηγύρεις τεύχοντες εύσεβεΐν νομίζομεν.' μοναρχίαν γάρ έδόκει
δοξάζειν ό αύτός Σοφοκλής.
Er (seil. Teiresias) wurde ins Heiligtum des Apollon von Daphne verbannt, weil
er weibisch denke und sich unnütz damit beschäftige, wie ein Weib sich mit ei-
nem Mann vereinigt und empfängt und wie die Natur des Blutes sich in Gebeine,
Fleisch, Adern, Muskeln und Blut aufteilt, und wie ein Kind das Leben emp-
fängt und geboren wird. Dies hat der sehr weise Kephalion geschrieben. Denn der
sehr weise Sophokles dichtete ein Drama und sagte poetisch, er (Teiresias) habe
Pallas beim Baden gesehen und sei zur Frau geworden. Teiresias, so sagt er, habe
gesucht, die Weisheit des Weltenschöpfers zu erkennen, es aber nicht geschafft.
Deshalb legte dieser Sophokles in seinen Dichtungen dar, folgendes entspreche
der Wahrheit: „Einen Gott gibt es, der den Himmel schuf, die weite Erde, den
Wogenschwall des blauen Meeres und die Gewalten der Winde. Zahlreiche Sterb-
liche, die wir mit dem Herzen irren: Wir haben aufgestellt als Tröstungen von
Leiden Götterbilder aus Stein und Holz oder Figuren aus Gold gebildet <oder>
aus Elfenbein; und wir vollziehen Opfer für sie und nichtige Festversammlungen,
und glauben so, der Frömmigkeit Genüge zu leisten“. Denn eben dieser Sophokles
erweckte den Eindruck, er glaube an die Herrschaft eines einzigen.93
In dieser Passage sind die Übergänge holprig und könnten eventuell auf den Wechsel
ungenannter Quellen deuten. Hatte Malalas’ Vorlage die Kephalion-Version nur mit
der des Sophokles verglichen und fügt Malalas selbst eine theosophische Prophetie
aus einer Sammlung hinzu? Das ist unwahrscheinlich, da der Verweis auf die so-
phokleische Teiresias-Version, die sonst unbekannt ist, kaum für sich allein gestan-
den haben kann. Vielmehr scheint die seit dem Hellenismus verbreitete Version des

93 Malalas, Chronographia II14 (S. 29,41-55 Thurn); Übersetzung nach Thurn/Meier (2009), S. 69-70.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften