Metadaten

Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0349
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
348

Fabian Schulz

der einleitende Satz: „Zu Zeiten der Königsherrschaft des oben erwähnten Sostris“,
denn solche Verweise auf Zeitgleiches werden in der Chronik häufig benutzt, um neue
Quellen anzufügen. Aber kann Malalas’ Verweis auf Kyrill aus einer solchen Samm-
lung stammen? In den Resten der Theosophie wird, wie ein Blick in Erbses Namensver-
zeichnis zu der Tübinger Theosophie offenbart, nur an einer Stelle auf einen christlichen
Autor (nämlich Laktanz) verwiesen. Es scheint zum Gestus der Theosophie zu gehören,
dass sie sich „heidnische“ Texte direkt vornimmt. Andererseits gehört Kyrill zweifellos
zu den Hauptquellen der Theosophie und könnte also in den verlorenen Teilen na-
mentlich zitiert worden sein.
Einen weiteren Hinweis, dass die Annahme, Malalas habe die Excerpta Latina
Barbari einfach mit Sprüchen einer Orakelsammlung kombiniert, zu kurz greift, bie-
tet der Petissonios-Passus {Chronographia III13), wo die einleitende Zeitangabe zwar
an die Excerpta erinnert, die Erzählung über den Auszug der Israeliten, in die das
Orakel eingebettet ist, aber wegen ihrer Länge herausfällt (vgl. Anm. 99). Die lange
Erzählung stammt also entweder aus einer stark ausgeschmückten Fassung der Ex-
cerpta Latina Barbari oder aus einer dritten Quelle.
4. Fazit
Laut Anne-Marie Bernardi interessiert sich Malalas mehr für Mysten, Magier und
Wunderwirker als für heidnische Vorläufer des christlichen Glaubens, die blasser wir-
ken; Malalas gebe sich damit zufrieden, die Quellen zu reproduzieren.105 Der zweite
Punkt ist in Anbetracht unseres Befunds zu relativieren.
Das enge Netz an Orakelsprüchen und Prophetien, die den göttlichen Plan im-
mer wieder durchscheinen lassen, rahmt zehn theosophische Sprüche, die von vier
Orakelstätten und vier weisen Männern in Afrika, Ägypten und Griechenland erteilt
werden. Die meisten Weissagungen haben freilich kein heidnisches Substrat, sondern
sind christliche Fabrikationen. Die Sprüche, die sich in den Büchern II und IV der
Chronographia häufen, kulminieren in Buch X. Der Ur-Malalas hat zweifellos bessere,
aber wahrscheinlich nicht weitere Sprüche enthalten. Von den vielen Quellen, die
Malalas für die Weissagungen anführt, scheint er nur Timotheos direkt benutzt zu
haben. Als direkte Quellen, die ungenannt bleiben, kommen theosophische Orakel-
sammlungen in Frage. Dafür, dass es vor Malalas eine einzige Sammlung gab, die die
Mehrzahl der Sprüche enthielt, gibt es aber {pace Beatrice und Brock) keine sicheren
Hinweise. Die Autoren, die im Umfeld der Sprüche genannt werden, rezipiert Ma-
lalas nicht direkt. Vielmehr scheint er ungenannten narrativen Quellen zu folgen, zu
interweaving a text like the Excerpta Barbari with other material - at this point, the pagan oracle. Note
that Hermes Thrice-Blessed (rather than Thrice Greatest) is mentioned in the Excerpta Barbari (238.13)
as an alternative name for Hephaistos, the Egyptian ruler who is the subject of Malalas’ previous para-
graph“.
104 Beatrice (2001), S. xxiii und Erbse (1941), S. 146 mit Anm. 295.
105 Bernardi (2004), S. 57 und 64.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften