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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0361
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Wolfram Brandes

Bisher nur ungenügend erforscht ist die konkrete Arbeitsweise der Exzerptoren
Konstantins VII. Porphyrogennetos.19 Auch in dem hier zu beachtenden Text - ich
erwähne das en passant, ohne wirklich auf diese Problematik eingehen zu können -
gibt es die eine oder andere Stelle, an der klar wird, dass eine zu beobachtende Abwei-
chung, etwa vom Text des Theophanes, auf das Konto dieser Exzerptoren ging - ob
aus Absicht oder Versehen sei dahingestellt. Ein Beispiel mag genügen:
In dem Text, auf den ich gleich eingehen werde, spielt ein gewisser Eusebios eine
Rolle, der die Würde eines άπό υπάτων innehatte und comes foederatorum war.20
Während der epitomierte Malalas-Text im Baroccianus das άπό υπάτων nicht er-
wähnt, taucht es bei Theophanes auf. In den konstantinischen Exzerpten wird Euse-
bios hingegen zum ανθύπατος, also zum proconsul (!) gemacht. Die Kombination
des Amtes eines comes foederatorum mit dem eines proconsul (άνθύπατος) wäre mehr
als ungewöhnlich und ist entsprechend abzulehnen. Etwa um 600 verschwand dieser
Titel bzw. die Funktion des proconsul/axQxjTiaxoQ. Erst in den letzten Jahren des 8.
Jahrhunderts wurde dann der άνθύπατος {proconsul) im Rahmen eines Prozesses, den
ich einmal als „administrative Protorennaissance“ bezeichnet habe, wieder eingeführt
(aber vermutlich nur als Hoftitel, nicht als wirkliche administrative Funktion), wie
einige Bleisiegel und gelegentliche Erwähnungen in narrativen Quellen zeigen.21 Eine
besondere Obsession bezüglich des anthypatos zeigte übrigens im 10. Jahrhundert Kon-
stantin VII. in seiner Schrift Oe thematibus·. Kaum eines der Themen (also der byzan-
tinischen Verwaltungs- und Militärbezirke, die sich seit dem Ende des 7. Jahrhunderts
allmählich entwickelten und die spätrömische Provinzalstruktur verdrängten) seiner
Zeit entging bei der Darstellung ihrer Geschichte der besonderen Rolle der anthypatoi
- historisch war das inkorrekt. Jedenfalls spielten die anthypatoi im konstantinischen
Geschichtsbild eine wichtige Rolle. Liegt hier die Ursache dafür, dass der namentlich
unbekannte Exzerptor der vollständigen Malalas-Chronik statt eines άπό υπάτων
einen άνθύπατος in den Text setzte? Das ist zugegeben nur eine Kleinigkeit, und
mit Hilfe der Überlieferung bei Theophanes (der, wie gesagt, άπό υπάτων hat) kann
das Problem leicht gelöst werden. Aber notabene: Bei anderen Texten, die eben nur
durch die konstantinischen Exzerptoren (und vielleicht noch durch kurze Auszüge in
der Suda) überliefert bzw. bekannt sind, sieht das anders aus. Das betrifft vor allem die
19 In der älteren Forschung gibt es höchst kritische Stimmen zu deren Wirken: siehe z.B. de Boor (1886),
S. 2-3; de Boor (1912); de Boor (1914/1919); Büttner-Wobst (1906), S. 92: „(die) Tätigkeit der Gelehrten
Konstantins, die also darin bestand, bestimmte Autoren zu verkürzen“; siehe auch Schreiner (1987); Jeep
(1882), insb. S. 428-429 sowie die Ausführungen von Wachsmuth (1895), S. 71-72: „und gar die
Einzelausführung blieb offenbar ganz untergeordneten Schreibern ohne revidierende Kontrolle überlas-
sen“; „geringe Sorgfalt“; „Ungehöriges wird mit abgeschrieben“; „andererseits bricht die Erzählung rück-
sichtslos in der Mitte ab“; „eine eingehende Würdigung dieses wichtigen Punktes {seil. Auslassungen,
Zusammenziehungen, auch Umsetzungen in das damals landläufige Griechisch lassen sich öfters nach-
weisen“) fehlt noch; namentlich ist, wovon die Untersuchung ausgehen müsste, eine genaue Vergleichung
unserer handschriftlichen Ueberlieferung ... mit der Fassung in den Excerpten noch nicht irgend ausrei-
chend durchgeführt“; siehe ebendort Anm. 1, wo sich auch Verweise auf frühere Gelehrte finden, die
ähnliche Bemerkungen hinterlassen haben.
20 Siehe ausführlicher zu ihm Anm. 55.
21 Brandes (2002), S. 121-125,480-497 (zur sog. administrativen Protorenaissance).
 
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