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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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II. Memoria und Kaisertum
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Mecella, Laura: Antiochia und die historische Erinnerung an die Römisch-Parthischen Kriege
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0086
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Antiochia und die historische Erinnerung an die Römisch-Parthischen Kriege

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• Sein Sohn Σανατρούκίος aus dem Geschlecht der Arsakiden übernimmt die
Macht und setzt den Angriff fort. Sein Onkel Όσδρόης, König Armeniens,
schickt ihm zur Verstärkung ein großes Heer unter der Führung seines Sohnes
Παρθεμασπάτης.
• Als Trajan dies erfährt, verlässt er Rom sofort und macht sich in Begleitung seines
Schwagers Hadrian auf den Weg in den Osten.
• In der Zwischenzeit besetzen die Perser Antiochia, wo ihnen die Oberschicht auf-
grund eines Abkommens mit dem König Σανατρούκίος die Tore öffnet. Ohne
Blutvergießen lässt sich eine persiche Garnison von 3000 Mann unter der Führung
der zwei βαρζαμανάτας Φούρτων und Γάργαρίς in der syrischen Hauptstadt
nieder.
• Trajan, der inzwischen im syrischen Seleukia angekommen ist, sendet eilig eine
Nachricht an die Antiochener und fordert sie auf, alle Perser in der Stadt zu töten.
• Die Bewohner gehorchen dem Befehl des Kaisers sofort und töten in einer einzi-
gen Nacht hinterrücks fast alle Feinde. Im Jubel über den Sieg Trajans werden die
Körper der zwei βαρζαμανάτας durch die ganze Stadt gezerrt.
• Die wenigen Perser, die entkommen konnten, setzen einen Vorort von Antiochia
in Brand. Trajan lobt die Tapferkeit der Antiochener und begibt sich zum Wall-
fahrtsort von Daphne, um Apollon zu danken; von dort erteilt er einige Anwei-
sungen für die Reinigung der Stadt. Es wird angeordnet, die Leichen der Feinde
außerhalb der Stadtmauern auf mitWeihrauch bedeckten Scheiterhaufen aus Lor-
beeren zu verbrennen. Darüber hinaus sollen in der ganzen Stadt 30 Nächte lang
die Trommeln erklingen, um die bösen Geister der getöteten Perser zu vertreiben.
Dieser Ritus soll an jedem Jahrestag des Massakers wiederholt werden.
• Der Kaiser zieht im Triumph in die Stadt ein und organisiert von dort die Strafex-
pedition gegen den Feind.
• Mit geheimen Vereinbarungen besticht Trajan Παρθεμασπάτης, dem er
das persische Reich als Dank für ein Bündnis verspricht; er zieht dann gegen
Σανατρούκίος, den er in einer Schlacht tötet. Wie vereinbart krönt Trajan Παρ-
θεμασπάτης zum König der Perser und ratifiziert seine Entscheidung beim Senat
mit einer Nachricht. Da Παρθεμασπάτης direkt vom Kaiser ins Amt gehoben
wird, ist er ein rex datus und untersteht der Macht der Römer (ύποτεταγμένον
τω των Ρωμαίων κράτεί, wie es im Text lautet).
• Am Ende dieser Erzählung erinnert Malalas an das Erdbeben, das Antiochia am
13. Dezember 115 erschütterte, als sich der Kaiser in der Stadt aufhielt und sich
mitten in den Vorbereitungen für das dritte Kriegsjahr befand.9
Typisch für die Chronographia ist, dass der lange Bericht eine Mischung aus verlässli-
chen Informationen und fantasievollen Erzählungen darstellt.10

9 Malalas, Chronographia XI 8 (S. 207,21-208,27 Thurn). Die finstere Darstellung der Auswirkungen des
Erdbebens wurde wahrscheinlich durch den Schock, den die Antiochener beim Erdbeben des Jahres
526 erlitten hatten, negativ beeinflusst; zu dessen Darstellung bei Malalas siehe Carrara (2017). Das
Erdbeben von 115 wird auch bei Cassius Dio, Historiae Romanae LXVIII 24-25 lebhaft wiedergegeben:
siehe dazu Traîna (im Druck a) und die unten angeführten Bemerkungen.

10 Für die Rekonstruktion der wichtigsten Kriegsphasen siehe, Inter aliis, Dierauer (1868); Longden (1931),
S. 8-23, 25-29 und ders. (19361), S. 236-252; Guey (1937); Lepper (1948); Debevoise (19692), S. 217-239;
 
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