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Internationale Tagung "Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur" <2016, Tübingen>; Borsch, Jonas [Hrsg.]; Gengler, Olivier [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 3): Die Weltchronik des Johannes Malalas im Kontext spätantiker Memorialkultur — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2019

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II. Memoria und Kaisertum
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Brennecke, Hanns Christof: Hagiographie als Kaisermemorie - Kaiser Zenon in der Vita Danielis
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https://doi.org/10.11588/diglit.61687#0111
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IIO

Hanns Christof Brennecke

Das Urteil Prokops von Cäsarea dagegen erscheint eigenartig ambivalent: Am Be-
ginn der „Gotenkriege“ charakterisiert er Zenon als geschickten und klugen Politiker,
der Theoderich nach Italien geschickt hatte, um ihn so vom Osten abzulenken und
dort Odoaker - natürlich im Auftrag des Kaisers - zu bekämpfen und Italien für sich
und seine Goten zu gewinnen:
Ζήνων δέ βασΑεύς, τά παρόντα εύ τίθεσθαι έπιστάμενος, Θευδερίχω
παρήνει ές Ιταλίαν πορεύεσθαι καί Όδοάκρω ές χεΐρας ίόντι τήν
εσπερίαν επικράτησα/ αύτώ τε καί Γότθοις πορίζεσθαι.17
Auch in der Rede eines gotischen Gesandten vor Beiisar erscheint Zenon bei Prokop
als Rächer des Imperiums; er hatte Theoderich nach Italien gesandt, um Italien vom
Tyrannen Odoaker zu befreien und dessen Verbrechen an (Romulus) Augustulus zu
bestrafen:
Ζήνων δέ τότε τής έωας κρατών καί τιμωρεΐν μεν τώ ξυμβεβασΑευκότι
βουλόμενος καί του τυράννου τήνδε τήν χώραν έλευθερούν, Όδοάκρου
δέ καταλύσαι τήν δύναμιν ούχ οίός τε ών, Θευδέριχον άναπείθει τον
ήμών άρχοντα, καίπερ αυτόν τε καί Βυζάντιον πολιορκεΐν μέλλοντα,
καταλΰσαι μέν τήν προς αυτόν έχθραν τιμής άναμνησθέντα προς
αύτού ής τετύχηκεν ήδη, πατρίκιός τε καί 'Ρωμαίων γεγονώς ύπατος,
Όδόακρον δέ άδικίας τής ές Αύγούστουλον τίσασθαι, καί τής χώρας
αυτόν τε καί Γότθους τό λοιπόν κρατεΐν όρθώς καί δικαίως.18
Ein völlig anderes Urteil über den Kaiser bietet Prokop dagegen in den Anecdota
(Historic/, arcana). Zenon ist jetzt für Prokop der Kaiser, mit dem jener Niedergang
des Reiches begonnen hat, der in Justinian dann seinen traurigen Höhepunkt finden
sollte. Seit Zenon konnte jeder, auch der Feigste und Unkriegerischste, durch Beste-
chung in das Eliteregiment, die Scholarier, aufgenommen werden. Hier folgt Prokop
im Grunde dem Hauptstrom der Überlieferung:
εξ ού δέ Ζήνων τήν βασιλείαν παρέλαβε, πάσιν έξουσία έγένετο καί
άνάνδροις καί άπολέμοις ούσι παντάπασι τούτου δή τού ονόματος
έπιβατεύειν.19
ΐ7 Procopius, de Bellis V ι,ιο (Bd. II S. 5,13-16 Haury/Wirth). „Kaiser Zenon, ein geschickter Politiker,
ermunterte Theoderich, nach Italien aufzubrechen und Odoaker zu bekämpfen und den Westen für
sich und die Goten zu erobern.“
18 Procopius, de Bellis VI 6,16 (Bd. II S. 176,10-20 Haury/Wirth). „Zenon, damals Kaiser im Osten, wollte
seinen Mitherrscher rächen und das Land von dem Tyrannen befreien. Da er aber die Herrschaft
Odoakers nicht besiegen konnte, überredete er unseren Herrscher Theoderich, obwohl dieser sich an-
schickte, ihn selbst und Byzanz zu belagern, er solle doch die Feindschaft gegen den Kaiser beenden
und eingedenk der Ehrungen, die er von ihm empfangen hatte, er war nämlich Patricius der Römer und
Konsul, Odoaker wegen seiner Verbrechen an Augustulus zu bestrafen und dann selber mit den Goten
gerecht und nach der Ordnung das Land fortan zu beherrschen.“
19 Procopius, Historia arcana 24,17 (Bd. Ill S. 149,15-18 Haury/Wirth). „Seitdem aber Zenon die Herr-
schaft übernommen hatte, stand allen die Möglichkeit offen, auch Feiglingen und unkriegerischen
Personen, diesen Titel zu führen.“
 
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