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Zu den Kharosthl-Inschriften

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Obwohl die Kharosthl-Inschriften am Oberen Indus ansonsten in der Regel in einem Zeitraum zwischen dem 1.
und 3. Jh. n. Chr. den Brähmi-Inschriften zeitlich vorangehen, die hier zwischen ca. 350 und 650 n. Chr. datiert
werden/ ist die gleichzeitige Verwendung von Kharosthi und Brähml in anderen Regionen Nordwest- und
Zentralasiens gut belegt. Eine Inschrift auf einem Siegel des Avaca-Königs Indravarma^ und einige zweischriftige
Siegel aus Taxila^ zeigen, daß der Übergang von der Verwendung der Kharosthi- zur Brähml-Schrift in den
Kemgebieten von Gandhära schon im 1. Jh. n. Chr. stattfand. Zweischriftige Felsinschriften in Kharosthi und
Brähmi aus Päthyär und Kanhiära^ und eine zweischriftige Inschrift auf dem Sockel einer Buddha-ZBodhisatva-
Statue aus Mathura^ belegen die gleichzeitige Verwendung beider Schriften auch für Nordwestindien. Zwei- und
dreisprachige Inschriften in Kharosthi, Brähmi und Baktrisch, die auf Gefäßscherben aus Termez Vorkommen/
und Kharosthl-Dokumente aus Niya, Endere und Subashi'° weisen auf ein Nebeneinander von Kharosthi und
Brähmi auch in anderen Regionen Zentralasiens hin.
Der relativ kleine Bestand an Personennamen in den Kharosthl-Inschriften von Dadam Das weist eine Mischung
aus indischen Namenselementen mit anderen Bestandteilen auf, die offenbar nicht indischen Ursprungs sind.
Budhatasa (14:5) entspricht Buddhadäsa;" Dharmabatha (37:5) ist ein hybrider Name, der aus b/zo/vna-, einem
vermutlich buddhistischen Namenselement, und -Ztabza, das nicht erkennbar indisch ist, zusammengesetzt ist.
Vorläufig sind zwei hybride Namen oder Titel auf -vüvz festzustellen, auch wenn die Vorderglieder dieser
Komposita unsicher bleiben: Bu-(vi)ra (4:2/5), falls dies einer Lesung als Bu(pha)ra vorzuziehen ist, und
(Ve)duhasati-vira (70:16). Unklar bleiben auch die Etymologien von Dovala (37:15), Danilatro (37:18) und
Samase (53:1). Sie sind jedoch klar als Personennamen aufzufassen, da ihnen ein vorangestellt ist.'* Ein (Vi)
könnte auch Dharmabatha (37:5) vorausgehen, die Lesung ist jedoch nicht ganz sicher. Ebenfalls unsicher ist die
Lesung und Deutung von (22:14) als Personenname, da keine offensichtlichen Namens-
elemente erkennbar sind.
Die Sprache der Kharosthl-Inschriften in Dadam Das weist Unregelmäßigkeiten auf, die aus Inschriften und
literarischen Texten in Gändhärl bekannt sind. Das stimmlose intervokalische -/- anstatt eines -b- in Buddhatasa
(14:5) steht im Gegensatz zu der gewöhnlichen Entwicklung in der Gändhärl, wo stimmlose Konsonanten stimm-
haft und häufig elidiert werdenü Es gibt jedoch auch einzelne Fälle eines Wechsels von -<7- und -?- in Kharosthl-
Inschriften und -Manuskripten.^
In Dadam Das finden sich in den Kharosthl-Inschriften, wie das in der Gändhärl gewöhnlich der Fall ist, verschie-
dene Endungen im Nominativ. Der Wechsel zwischen -o (Jam/aVc 37:18) und -<3 (^MbJ/zarasY? 14:5, 6M(vz)r<3
4:2/5) in der Nominativ-Singular-Endung von maskulinen Namen ist gut belegt. Die Genitiv-Singular-Endung
kann w<3 (b/mrmaha/Aa.s'a 37:5, vz'raürz) 70:16, f/yiasY? 48:97) oder -ya (bova/asrz 37:15/17) sein. Das abschließende

4 FussMAN 1994: 42; VON HINÜBER 1994: 20.
5 Salomon, Callieri und Schmidt (1999: 15-17) verweisen auf einige Beispiele von Biskripten in Kharosthi und Brähmi
zusammen mit einer weiteren Diskussion der zweischriftigen Legenden in Brähmi und Kharosthi auf Münzen der 'Westlichen
Ksatrapas' und eines singulären Triskripts auf einem Siegel in Kharosthi, Brähmi und Griechisch.
6 KONOW 1929: 100, 102, nos. XXVII.2, 11; MARSHALL 1951: Vol 2,681, nos. 26-27.
7 KONOW 1929: 178-179, nos. XCIV-XCV; siehe auch HANDA 1994: pl. 33-35 u. 37 und VOGEL 1902/03: 116-1 19.
8 BHATTACHARYA 1984: 27-30.
9 VERTOGRADOVA 1995: z.B. Pl. 92-97.
10 In Niya sind unter anderem in den Dokumenten 510 und 511 die Zahlzeichen für 1-3 horizontal (wie in der Brähmi) statt
vertikal (wie in der Kharosthi üblich) geschrieben (vgl. auch RAPSON/NOBLE 1929: 322). Im Kharosthl-Dokument 661 aus
Endere (BOYER/RAPSON/SENART 1927: Vol. 2, 249, Tafel XII) stehen zwei Brähml-aV^ray einer Reihe von elf ungewöhn-
lichen Zeichen oder Symbolen voran. Zu Kharosthi- und tocharischen Inschriften und Dokumenten aus Subashi vgl. PlNAULT
1987 und SCHMIDT 2001.
11 Zu -Zaya > -dava siehe weiter unten.
12 Dovala hat ein VT in der Brähml-Inschrift 37:10, jedoch nicht in der Kharosthl-Inschrift 37:15.
13 FussMAN 1989a: 464-465.
14 VON HINÜBER 2003: 13; KONOW 1929: c; SALOMON 1999: 125; SALOMON 2000: 85.
 
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