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Schmidt, Jochen; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1,1): Kommentar zu Nietzsches "Die Geburt der Tragödie" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70910#0362
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Stellenkommentar GT 18, KSA 1, S. 117-118 341

daher müsse nach ihrem Leitfaden das ganze Räthsel der Welt sich lösen las-
sen.“ (Frauenstädt, Bd. 2, S. 497). Auch die Ausführungen N.s, die an die hier
zu erörternde Stelle anschließen, folgen genau diesen Darlegungen Schopen-
hauers, den er - zusammen mit Kant - alsbald nennt.
118, 16-20 Wenn dieser [der Optimismus] an die Erkennbarkeit und Ergründ-
lichkeit aller Welträthsel, gestützt auf die ihm unbedenklichen aeternae veritates,
geglaubt und Raum, Zeit und Causalität als gänzlich unbedingte Gesetze von
allgemeinster Gültigkeit behandelt hatte] Weitgehend wörtliche Übernahme aus
dem in der Schlußpartie des vorangehenden Kommentars zitierten Passus
Schopenhauers, der sich wiederum auf die Kritik am metaphysischen Erkennt-
nisoptimismus bezieht, die Kant in der Transzendentalen Dialektik der Kritik
der reinen Vernunft formuliert. Unter den „aeternae veritates“, den „ewigen
Wahrheiten“, die N. mit Schopenhauer in Frage stellt, greift er besonders die
Gesetze der Logik an und unter ihnen am meisten das Kausalitätsgesetz, das
er auch in späteren Werken immer wieder attackiert, am entschiedensten in
der Götzen-Dämmerung. Vgl. NK 99, 9-12.
118, 21 das Werk der Maja] Vgl. NK 28, 10 f.
118, 25 f. nach einem Schopenhauer’schen Ausspruche, den Träumer noch fes-
ter einzuschläfern (W. a. W. u. V. I, p. 498).] N. zitiert nach der Schopenhauer-
Ausgabe von Julius Frauenstädt, Bd. 2.
118, 28 f. dass an die Stelle der Wissenschaft als höchstes Ziel die Weisheit
gerückt wird] Diese „Weisheit“ wurde zuvor (118, 13) Kant und Schopenhauer
zugeschrieben. Die anschließende Rede vom „Gesammtbilde der Welt“ (18,
31 f.) im Unterschied zu den auf das viele Einzelne ausgehenden „Wissenschaf-
ten“ zeigt allerdings, daß N. seinen Weisheitsbegriff auch an demjenigen
Heraklits orientiert. Vgl. Heraklit, Frg. 40 (DK): „Vielwisserei lehrt nicht Ver-
stand haben“ - noAvpaOip vöov exelv oü öiöötaKEi. Frg 41 (DK): „Eins nur ist
das Weise, sich auf das Wissen zu verstehen, das Alles in Allem zu steuern
wußte“ - eIvoh ydp ev to aocpöv, smaTaaOai yvcoppv, ötst] EKvßspvriaE nötvTa
öid nötvTtüv.
118, 31 f. dem Gesammtbilde der Welt] In UB III: Schopenhauer als Erzieher
greift N. diese Vorstellung erneut auf, um ihre Funktion zu charakterisieren:
Er fordert mit Berufung auf Schopenhauer ein „regulatives Gesammtbild“ (356,
31). Vorher heißt es von Schopenhauer: „Das ist seine Grösse, dass er dem
Bilde des Lebens als einem Ganzen sich gegenüberstellte, um es als Ganzes zu
deuten“ (356, 17-19). Vgl. auch die Hinweise auf Schopenhauer in NK KSA 1,
356, 17-25.
 
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