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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1/2): Kommentar zu Nietzsches Unzeitgemässen Betrachtungen: I. David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, II. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben — Berlin, Boston: De Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69926#0161
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Stellenkommentar UB I DS 5, KSA 1, S. 186 135

Satzglieder, schärfere Dialektik der Gedanken wie tiefere Aufwühlung der Emp-
findungen) erweitert und gesteigert, aber nicht gesprengt und zerstört hat.“
186, 3-6 „Es ist ein Elend, ruft unser Magister mit zärtlichen Seufzern aus, dass
man sich bei Beethoven den Genuss und die gern gezollte Bewunderung durch
solcherlei Einschränkungen verkümmern muss.“] Strauß schreibt in ANG 356,
7-12: „Es ist ein Elend, daß man sich bei Beethoven den Genuß und die gern
gezollte Bewunderung durch solcherlei Einschränkungen verkümmern muß;
aber die Schuld tragen seine falschen Verehrer, die gerade das an ihm geprie-
sen und als Muster ausgestellt haben, was dazu am wenigsten geeignet ist.“
186, 6-11 Unser Magister ist nämlich ein Liebling der Grazien [...] „Dies ist ein
Mangel, ruft er aus; aber sollte man glauben, dass es wohl auch als ein Vorzug
erscheint?“] Gemäß der antiken Mythologie versteht man unter ,Grazien4 die
drei altrömischen Göttinnen der Anmut und Schönheit. Ihnen entsprechen in
der griechischen Mythologie die Chariten, die drei Töchter des Göttervaters
Zeus: Aglaia (die Glänzende), Euphrosyne (die Frohsinnige) und Thalia (die
Blühende). Vgl. zur vorliegenden Textpartie Strauß’ ANG 355,19-25: „Mit Beet-
hoven gehen sie [die Grazien] wohl eine Strecke, dann aber verliert er sie wie-
der aus dem Gesicht. Besonders wenn er seine gewaltsamen Versuche macht,
die Musik sagen zu lassen, was sie, wenigstens als reine Musik, nicht sagen
kann, wollen sie nichts damit zu schaffen haben. Dieß ist ein Mangel; aber
sollte man glauben, daß es wohl auch als ein Vorzug erscheint?“
186,11-13 „Wer die musikalische Idee mühsam und äusser Äthern daherwälzt,
wird die schwerere zu bewegen und der stärkere zu sein scheinen“] Zitat aus
Strauß’ ANG 256, 3-6: „Wer bestimmt das Gewicht einer musicalischen Idee?
Wer sie mühsam und außer Äthern daherwälzt, wird die schwerere zu bewegen
und der stärkere zu sein scheinen.“
186,13-15 Dies ist ein Bekenntniss [...] des „klassischen Prosaschreibers“ über
sich selbst] Mit dieser Aussage nimmt N. auf das Selbstverständnis von David
Friedrich Strauß Bezug und damit auf die Replik, mit der sich Strauß gegen
die zahlreichen Zeitgenossen wendet, die kritisch auf ANG reagiert hatten. Vgl.
dazu Strauß’ ANG, Nachwort als Vorwort, 10-11: „Nachdem das Getöse früherer
Kämpfe verklungen war, hatte man sich allmählig gewöhnt, mir mit einiger
Achtung zu begegnen; man erwies mir von verschiedenen Seiten sogar die un-
gesuchte Ehre, mich als eine Art von classischem Prosaschreiber gelten zu las-
sen. Solche Achtung scheine ich nun durch meine letzte Schrift auf einmal ver-
wirkt zu haben; die Journalisten glauben mit mir von oben herunter, wie mit
einem Anfänger, ja wie mit einem verkommenen Subject sprechen zu dürfen.“
186,15-26 ihn, den berühmten Autor, lassen die Grazien nicht von der Hand:
von dem Spiele leichter Scherze [...] leicht und spielend, [...] tändelnder Liebling
 
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