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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1/2): Kommentar zu Nietzsches Unzeitgemässen Betrachtungen: I. David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, II. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben — Berlin, Boston: De Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69926#0242
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216 David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller

zusammen; wo eine solche sich nicht gründen lässt, sammelt Beiträge; wo sich frohe
Herzen zum Festmahle vereinigen, verkündet diese unsere Worte und lasst nach dem
Festgruss für den Dichter durch die Hände Eurer Frauen und Jungfrauen Spenden der
Liebe in Empfang nehmen. Wo Gesangvereine und Liedertafeln, wo Kapellen und Theater
seinem Andenken huldigen, opfert ihm den Ertrag seines Ehrentages. Und du, deutsche
Jugend, in deren frische Herzen er die ersten Keime edler Begeisterung senkt, fehle auch
du nicht in den Reihen der Opfernden. Die kleinste Gabe ist willkommen. Auf, Deutsche!
Lasset uns ein Beispiel geben zur Ehre für uns und unsere Nachkommen, dass der Freude
schöner Götterfunken, der Begeisterung Flamme, nicht wirkungslos verlodere, sondern
dass die hundertjährige Jubelfeier von Schiller’s Geburt als der Geburtstag der in seinem
Namen gegründeten Stiftung ein Lichtpunkt sei und bleibe, tröstlich hineinleuchtend in
die Nacht der Sorge und der Noth. - Die bis jetzt bestehenden Schillerstiftungen befinden
sich in: Berlin, Breslau, Coburg, Darmstadt, Dresden, Frankfurt a. M., Gratz, Hamburg,
Leipzig, München, Nienburg, Nürnberg, Offenbach, Stuttgart, Weimar (als Vorort für die
nächsten fünf Jahre gewählt), Wien. An eine derselben wollen die Beiträge für die Stiftung
eingesandt werden. Dresden, den 10. October 1859.“
Dass N. die Sprache Auerbachs als „undeutsch verschroben und erlogen“ diffa-
miert, ist mit einem antisemitischen Affekt zu erklären, den er gegen die jüdi-
sche Herkunft Auerbachs richtet. Auch in einigen frühen Briefen N.s lassen
sich antisemitische Tendenzen feststellen; vgl. die Belege in NKl/l, 205-206
(zu KSA 1, 68, 34 - 69, 8). Im zweiten seiner Vorträge Ueber die Zukunft unserer
Bildungsanstalten polemisiert N. gegen Auerbach und Gutzkow, indem er die
Schulung von Sprachkompetenz während der Gymnasialzeit als Möglichkeit
empfiehlt, um die Frage, „ob Auerbach oder Gutzkow wirklich Dichter sind“,
mit einem ästhetischen Verdikt zu beantworten: „man kann sie einfach vor
Ekel nicht mehr lesen, damit ist die Frage entschieden“ (KSA 1, 684, 10-12).
Und in einem nachgelassenen Notat aus dem Jahr 1873 erklärt N. polemisch:
„Wo Heine und Hegel zugleich gewirkt haben, wie z. B. bei Auerbach (wenn
auch nicht direkt), und dazu eine natürliche Fremdheit in der deutschen Spra-
che aus nationalen Gründen kommt, entsteht ein Jargon, der in jedem Worte,
jeder Wendung verwerflich ist“ (NL 1873, 27 [38], KSA 7, 598).
In einem anderen Notat aus derselben Zeitphase kritisiert N. an der Spra-
che des Juden Heinrich Heine eine extreme stilistische Heterogenität: Heine
„zerstört das Gefühl für einheitliche Farbe des Stils und liebt die Hans Wurst
Jacke, mit dem buntesten Farbenwechsel. Seine Einfälle, seine Bilder, seine
Beobachtungen, seine Worte passen nicht zu einander, er beherrscht als Vir-
tuose aber alle Stilarten, um sie nun durcheinander zu werfen“ (NL 1873, TI
[29], KSA 7, 595). - Im Spätwerk Bcce homo rühmt N. den Lyriker Heine aller-
dings emphatisch: „Den höchsten Begriff vom Lyriker hat mir Heinrich
Heine gegeben. [...] Er besass jene göttliche Bosheit, ohne die ich mir das
Vollkommne nicht zu denken vermag [...]. - Und wie er das Deutsche hand-
habt! Man wird einmal sagen, dass Heine und ich bei weitem die ersten Artis-
 
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