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12 Ueber Wahrheit und Lüge im aussermoralischen Sinne

Selbstreflexion der Sprache, kann die Sprache für Lichtenberg wie für N. be-
sonders im Medium der Metapher leisten.
Neben diesen Autoren, die auf N.s sprach- und erkenntnisphilosophische
Überlegungen wichtigen Einfluss ausübten, lässt sich eine Reihe an Wissen-
schaftlern verschiedener Disziplinen anführen. Sie setzten sich in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts insbesondere mit der Frage auseinander, inwiefern
sich die ungerichtete Sinneswahrnehmung mit dem transzendentalen Erkennt-
nisschema vereinbaren lässt, dem Kant apriorische Geltung zusprach. Zu die-
sen Autoren gehört Friedrich Albert Lange, der in seiner Geschichte des Materi-
alismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart (Iserlohn 1866), die N. im
Jahr ihres Erscheinens erwarb, später allerdings wieder aus der Hand gab, die
unmittelbar nicht einsehbaren Erkenntniskategorien im Organismus verwur-
zelt. Deshalb könne die Philosophie immer nur spekulieren, d. h. aber, wie N.
folgert, nur künstlerisch verfahren. Denn die Unterscheidung zwischen Ding an
sich und den Erscheinungen ist für Lange, der hier (unter Berufung auf Ueber-
weg) Kants kritische Philosophie radikalisiert und auf ihre Stichhaltigkeit hin
prüft, die Folge der Organisation der Wahrnehmung der Menschen und au-
ßerhalb deren Erfahrung womöglich ohne Bedeutung (vgl. NK 882, 17-23 u.
NK 883, 20-21). Nach intensiver Auseinandersetzung in den Jahren 1866-1868,
erwirbt N. 1887 oder 1888 eine Neuauflage der Geschichte des Materialismus
(4. Aufl., Iserlohn/Leipzig 1887) und nimmt, wie die Lesespuren belegen, die
Lange-Lektüre erneut auf (vgl. Brobjer 2005, 274; ausführlich NK 6/1 u. NK 6/
2). Langes Geschichte des Materialismus dient N. auch als ,Bildspender', in WL
findet sich eine ganze Reihe von Bildern und Begriffen von Lange wieder, wie
z. B.: Fernrohr, Himmelskörper, Vorspiegelung, Scheinwahrheit, Urbilder, Trug-
bilder, Netz, Zertrümmerung von Idolen, Begriffs-Architektur, Tempel von Be-
griffen, Begriffsgespenster, Kritik der Begriffe, starre Formen, tote Rubriken,
Wahrheit und Irrtum, Kunsttrieb, Sinnesapparat und Abstraktions-Apparat u. a.
Mit Eduard von Hartmanns Philosophie des Unbewussten. Versuch einer
Weltanschauung (Berlin 1869), gegen die er sich abwechselnd zustimmend und
ablehnend verhält, macht sich N. schon 1869 bekannt. Hartmann versucht die
Philosophien Hegels, Schopenhauers und Schellings mit naturwissenschaftli-
chen Positionen zu verbinden und das Unbewusste als deren gemeinsamen
Ursprung aufzuweisen. Im Gegensatz zu Helmholtz und Lange kann nach Hart-
mann für die unbewusste Wahrnehmung aber kein regelhaftes Fundament be-
hauptet werden, da ein solches Regelwerk wiederum ein seiner selbst bewuss-
tes Subjekt, d. h. aber grammatische Strukturen, voraussetzen müsste - ein
Zirkelschluss. „Jedes bewusste menschliche Denken" ist für Hartmann
also nur „mit Hülfe der Sprache möglich" (Hartmann 1869, 231). Deren
gesetzmäßige Genese liege dem Bewusstsein voraus und gründe, wie auch N.
 
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