Überblickskommentar, Kapitel III.6: Rezeption 41
Und hinter diesem brausenden Gewitter
Wölbt sich des ew'gen Himmels stilles Blau;
Und vor uns steht der Wahrheit ernster Ritter
In seiner vollen Größe, welche Schau!
,Unzeitgemäß' ist freilich Alles sehr,
Doch darum zeitgemäß just um so mehr.
Theodor Opitz."
N. dankt dem Poeten noch am selben Tage für sein „Zeichen sympathischen
Einverständnisses" und erklärt ihm seine eigene Prätention auf ,Unzeitgemäß-
heit' „auf eine recht bescheiden-hochmüthige Art. Ich sehe von dem Persönli-
chen solcher Begegnungen ab und vergesse, daß Sie mich gelobt und geehrt
haben, denke mir aber, daß Sie und ich über irgend etwas sehr Wesentliches
Einer Meinung [sind] und daß wir Beide Recht haben. Darauf nämlich
kommt es an, wirklich glauben zu können, daß man mehr Recht hat mit
seinen unzeitgemäßen Meinungen als die ganze Zeit mit ihren zeitgemäßen:
da steckt das Hochmüthige, von dem ich sprach, aber auch das Bescheidene.
[...] Wir thun damit doch eben nur das Unvermeidliche und nehmen den Stei-
nen die Mühe ab, die ja, wenn wir schweigen, schreien müßten. Denn, über
Schopenhauer etwas zu sagen war fast schon zu spät: mir scheint es, hier ha-
ben schon die Steine geschrieen" (KSB 4, Nr. 409, S. 282-283). - Am 25. März
1875 lässt Opitz in einem Brief an N. noch ein achtstrophiges Gedicht mit dem
Titel Schopenhauer folgen, in dessen Anfangspartie er zwei Verse aus Goethes
Faust I zitiert; am Ende seines Gedichts exponiert Opitz die unverkennbar auf
N.s UB III SE zurückgreifende Vorstellung, Schopenhauer erziehe durch die
freimütige Art, mit der er die Wahrheit sage (KGB II 4, Nr. 657, S. 88-89).
Malwida von Meysenbug erläutert ihre Einstellung zu UB III SE am
15. November 1874 in einem Brief an N.: „Ja so vortrefflich die beiden ersten
Stücke waren, so ist dies Dritte doch unleugbar das Vollendetste in jeder Bezie-
hung und auch der Witz und die Ironie haben darin jenen Adel erlangt der sie
zu den edelsten Waffen des Geistes macht. Welch höheres Ziel aber kann man
der Menschheit noch stecken, als das ihr hier Vorgeschriebene? Ja die Erzeu-
gung des Genius, des Künstlers und des Heiligen - darauf allein kommt es an
und wahrlich nicht darauf die Heerde zu vermehren" (KGB II 4, Nr. 607,
S. 608-609). Und am 13. Februar 1875 formuliert sie die Zukunftsprognose:
„Dass diese herrliche Schrift so begeisterte Anhänger findet, freut mich unge-
mein. Dass ihre Zahl zuerst nicht gross sein würde, war wohl vorauszusehen,
aber sie wird sich mehren, dessen bin ich gewiss; denn diese Schrift gehört zu
den Dingen deren Tag kommen muss, wie er für Schopenhauer und für Wag-
ner kam" (KGB II 6/1, Nr. 633, S. 35). Am 25. Mai 1876 erklärt sie UB III SE sogar
enthusiastisch zu ihrer „Bibel, die ich immer bei mir führe, denn höher hat
Und hinter diesem brausenden Gewitter
Wölbt sich des ew'gen Himmels stilles Blau;
Und vor uns steht der Wahrheit ernster Ritter
In seiner vollen Größe, welche Schau!
,Unzeitgemäß' ist freilich Alles sehr,
Doch darum zeitgemäß just um so mehr.
Theodor Opitz."
N. dankt dem Poeten noch am selben Tage für sein „Zeichen sympathischen
Einverständnisses" und erklärt ihm seine eigene Prätention auf ,Unzeitgemäß-
heit' „auf eine recht bescheiden-hochmüthige Art. Ich sehe von dem Persönli-
chen solcher Begegnungen ab und vergesse, daß Sie mich gelobt und geehrt
haben, denke mir aber, daß Sie und ich über irgend etwas sehr Wesentliches
Einer Meinung [sind] und daß wir Beide Recht haben. Darauf nämlich
kommt es an, wirklich glauben zu können, daß man mehr Recht hat mit
seinen unzeitgemäßen Meinungen als die ganze Zeit mit ihren zeitgemäßen:
da steckt das Hochmüthige, von dem ich sprach, aber auch das Bescheidene.
[...] Wir thun damit doch eben nur das Unvermeidliche und nehmen den Stei-
nen die Mühe ab, die ja, wenn wir schweigen, schreien müßten. Denn, über
Schopenhauer etwas zu sagen war fast schon zu spät: mir scheint es, hier ha-
ben schon die Steine geschrieen" (KSB 4, Nr. 409, S. 282-283). - Am 25. März
1875 lässt Opitz in einem Brief an N. noch ein achtstrophiges Gedicht mit dem
Titel Schopenhauer folgen, in dessen Anfangspartie er zwei Verse aus Goethes
Faust I zitiert; am Ende seines Gedichts exponiert Opitz die unverkennbar auf
N.s UB III SE zurückgreifende Vorstellung, Schopenhauer erziehe durch die
freimütige Art, mit der er die Wahrheit sage (KGB II 4, Nr. 657, S. 88-89).
Malwida von Meysenbug erläutert ihre Einstellung zu UB III SE am
15. November 1874 in einem Brief an N.: „Ja so vortrefflich die beiden ersten
Stücke waren, so ist dies Dritte doch unleugbar das Vollendetste in jeder Bezie-
hung und auch der Witz und die Ironie haben darin jenen Adel erlangt der sie
zu den edelsten Waffen des Geistes macht. Welch höheres Ziel aber kann man
der Menschheit noch stecken, als das ihr hier Vorgeschriebene? Ja die Erzeu-
gung des Genius, des Künstlers und des Heiligen - darauf allein kommt es an
und wahrlich nicht darauf die Heerde zu vermehren" (KGB II 4, Nr. 607,
S. 608-609). Und am 13. Februar 1875 formuliert sie die Zukunftsprognose:
„Dass diese herrliche Schrift so begeisterte Anhänger findet, freut mich unge-
mein. Dass ihre Zahl zuerst nicht gross sein würde, war wohl vorauszusehen,
aber sie wird sich mehren, dessen bin ich gewiss; denn diese Schrift gehört zu
den Dingen deren Tag kommen muss, wie er für Schopenhauer und für Wag-
ner kam" (KGB II 6/1, Nr. 633, S. 35). Am 25. Mai 1876 erklärt sie UB III SE sogar
enthusiastisch zu ihrer „Bibel, die ich immer bei mir führe, denn höher hat