274 Schopenhauer als Erzieher
Heidenthums in Beziehung auf Religion, Wissen, Kunst, Sittlichkeit und Staatsle-
ben. Zweiter Theil: Das Geistesleben der Chinesen, Japaner und Indier (1853),
402: „Nach ihren Thaten werden die Menschen geboren, dumm, stumm, blind,
taub, missgestaltet; wer seine Sünden nicht abgebüsst hat, der wird dann bei
seiner Geburt unheilvolle Zeichen tragen." Als Belegstelle gibt Wuttke an:
„Manu XI, 52. 53" (die Übersetzung scheint von ihm selbst zu stammen). Diesel-
be Stelle aus „Manu XI" zitiert später auch Paul Wurm in seiner Geschichte der
indischen Religion im Umriss dargestellt (1874), 93-94. Im Anschluss an das
Zitat aus „Manu XI, 52 f." erläutert Wurm exemplarisch mehrere mögliche Kon-
stellationen für die Metempsychose: „Die Hindus haben dabei die Thiere nach
ihren besonderen Eigenschaften beobachtet, und daraus geschlossen, dass ein
Mensch mit der betreffenden Eigenschaft in denselben wiedergeboren sei, z. B.
ein Obstdieb wird zum Affen, ein Pferdedieb zum Tiger [...] (Manu XII, 55 ff.).
Nach einzelnen Bestimmungen bei Manu findet sogar eine Verwandlung in
Pflanzen statt" (Wurm: ebd., 94).
Im vorliegenden Kontext von UB III SE verbindet N. die zeitgenössische
Epigonenproblematik (vgl. NK 344, 31-34), die er hier durch die „Universitäts-
philosophie" spezifiziert, mit den indischen Lehren von Karma und Metempsy-
chose. Diesen Lehren zufolge hängt die Gestalt, in welcher der Mensch in sei-
nem späteren Leben wiedergeboren wird, jeweils von der moralischen Qualität
seines vorherigen Lebens ab. An einer früheren Stelle von UB III SE themati-
siert N. den in mehreren Kulturen wirksamen Glauben, „dass die Seelen
schuldbeladner Menschen in diese Thierleiber gesteckt seien" (377, 26-27). Vgl.
dazu die umfassenderen Hinweise in NK 377, 25-27, wo die Metempsychose-
Lehre auch durch ausführliche Zitate aus Schopenhauers Welt als Wille und
Vorstellung I erläutert wird. Laut Schopenhauer lehrt „der Mythos von der See-
lenwanderung [...], daß alle Leiden, welche man im Leben über andere Lebe-
wesen verhängt, in einem folgenden Leben auf eben dieser Welt, genau durch
die selben Leiden wieder abgebüßt werden müssen [...]" (WWV I, § 63, Hü 420-
421). Schopenhauer beurteilt diese indischen Lehren, die seine eigene Philoso-
phie nachhaltig beeinflusst haben, sehr positiv und betont ihre singuläre kul-
turgeschichtliche Bedeutung, die sich in einer ausgedehnten Wirkung von
„vier Jahrtausenden" bis in die Gegenwart zeige (vgl. WWV I, § 63, Hü 421). In
UB III SE hebt auch N. die Bedeutung der indischen Philosophie für Schopen-
hauer hervor. Vgl. dazu NK 424, 23-25.
Mit den von N. erwähnten „Erben und Nachkommen jener Afterdenker",
denen Schopenhauer „auf die vielverdrehten Köpfe schlug" (418, 24-25), sind
im vorliegenden Kontext die Epigonen der idealistischen Systemphilosophie
von Fichte, Schelling und vor allem Hegel gemeint. Gegen dieses Triumvirat
polemisierte Schopenhauer in seinen Werken bei jeder sich bietenden Gelegen-
Heidenthums in Beziehung auf Religion, Wissen, Kunst, Sittlichkeit und Staatsle-
ben. Zweiter Theil: Das Geistesleben der Chinesen, Japaner und Indier (1853),
402: „Nach ihren Thaten werden die Menschen geboren, dumm, stumm, blind,
taub, missgestaltet; wer seine Sünden nicht abgebüsst hat, der wird dann bei
seiner Geburt unheilvolle Zeichen tragen." Als Belegstelle gibt Wuttke an:
„Manu XI, 52. 53" (die Übersetzung scheint von ihm selbst zu stammen). Diesel-
be Stelle aus „Manu XI" zitiert später auch Paul Wurm in seiner Geschichte der
indischen Religion im Umriss dargestellt (1874), 93-94. Im Anschluss an das
Zitat aus „Manu XI, 52 f." erläutert Wurm exemplarisch mehrere mögliche Kon-
stellationen für die Metempsychose: „Die Hindus haben dabei die Thiere nach
ihren besonderen Eigenschaften beobachtet, und daraus geschlossen, dass ein
Mensch mit der betreffenden Eigenschaft in denselben wiedergeboren sei, z. B.
ein Obstdieb wird zum Affen, ein Pferdedieb zum Tiger [...] (Manu XII, 55 ff.).
Nach einzelnen Bestimmungen bei Manu findet sogar eine Verwandlung in
Pflanzen statt" (Wurm: ebd., 94).
Im vorliegenden Kontext von UB III SE verbindet N. die zeitgenössische
Epigonenproblematik (vgl. NK 344, 31-34), die er hier durch die „Universitäts-
philosophie" spezifiziert, mit den indischen Lehren von Karma und Metempsy-
chose. Diesen Lehren zufolge hängt die Gestalt, in welcher der Mensch in sei-
nem späteren Leben wiedergeboren wird, jeweils von der moralischen Qualität
seines vorherigen Lebens ab. An einer früheren Stelle von UB III SE themati-
siert N. den in mehreren Kulturen wirksamen Glauben, „dass die Seelen
schuldbeladner Menschen in diese Thierleiber gesteckt seien" (377, 26-27). Vgl.
dazu die umfassenderen Hinweise in NK 377, 25-27, wo die Metempsychose-
Lehre auch durch ausführliche Zitate aus Schopenhauers Welt als Wille und
Vorstellung I erläutert wird. Laut Schopenhauer lehrt „der Mythos von der See-
lenwanderung [...], daß alle Leiden, welche man im Leben über andere Lebe-
wesen verhängt, in einem folgenden Leben auf eben dieser Welt, genau durch
die selben Leiden wieder abgebüßt werden müssen [...]" (WWV I, § 63, Hü 420-
421). Schopenhauer beurteilt diese indischen Lehren, die seine eigene Philoso-
phie nachhaltig beeinflusst haben, sehr positiv und betont ihre singuläre kul-
turgeschichtliche Bedeutung, die sich in einer ausgedehnten Wirkung von
„vier Jahrtausenden" bis in die Gegenwart zeige (vgl. WWV I, § 63, Hü 421). In
UB III SE hebt auch N. die Bedeutung der indischen Philosophie für Schopen-
hauer hervor. Vgl. dazu NK 424, 23-25.
Mit den von N. erwähnten „Erben und Nachkommen jener Afterdenker",
denen Schopenhauer „auf die vielverdrehten Köpfe schlug" (418, 24-25), sind
im vorliegenden Kontext die Epigonen der idealistischen Systemphilosophie
von Fichte, Schelling und vor allem Hegel gemeint. Gegen dieses Triumvirat
polemisierte Schopenhauer in seinen Werken bei jeder sich bietenden Gelegen-