364 Richard Wagner in Bayreuth
Meysenbug ist UB IV WB „der unübertrefflich schöne Ausdruck für Alles
was man selbst diesem Menschen und seinem Werke gegenüber, empfindet.
Zu dem seltnen, einzigen Glücke Wagners - nach so vielem bitterem Unglück
und Leiden - gehört auch dieses, einen so reinen Spiegel gefunden zu haben,
in dem sein Bild sich zeigt wie es auf ewig den Erkennenden und Verstehenden
fest stehen muss. Und was Wagner mit seinen Werken, das thun Sie mit Ihren
Schriften. Sie zeigen der Menschheit ihre heiligen Ziele, wie es noch Keiner
gethan, selbst Schopenhauer nicht, schon im 3ten Stück, [...] und wenn die
Zeit kommt [...], wo man Wagner verstehen wird, wo er sein Volk gefunden
haben wird, dann wird man auch erst Sie ganz erkennen und mit tiefer Liebe
umfassen. Lassen Sie sich einstweilen an der Liebe der Wenigen genügen und
gönnen Sie mir das Recht auf Sie glücklich-stolz zu sein wie es nur eine Mutter
auf den geliebtesten Sohn sein könnte" (KGB II 6/1, Nr. 796, S. 361). - Auf N.s
Schrift Der Fall Wagner wird Malwida von Meysenbug 1888 dann mit tiefem
Befremden reagieren: „Ich bin auch der Ansicht daß man eine alte Liebe, selbst
wenn sie erloschen ist, nicht so behandeln darf wie Sie W<agner> behandeln;
man beleidigt sich damit selbst, denn man hat doch einmal ganz und voll ge-
liebt und der Gegenstand dieser Liebe war doch kein Phantom, sondern eine
ganze volle Wirklichkeit [...]" (KGB III 6, Nr. 591, S. 330).
In ihrem Buch Friedrich Nietzsche in seinen Werken konstatiert Lou Andreas-
Salome 1894, N. habe UB III SE und UB IV WB zwei „Unzeitgemäßen" als „Vor-
zeitgemäßen und Zukunftgemäßen" gewidmet (Andreas-Salome 1894, 69). An
diesen „mit überströmender Begeisterung aufgerichteten Standbildern des Geni-
us" sei zu erkennen, dass N.s „Kultur des Unzeitgemäßen in einem Kultus des
Genies" kulminiere (ebd., 69). Sein heroischer Geistesaristokratismus reiche von
UB III SE und UB IV WB bis zum Spätwerk. Da „die Wagner-Schopenhauersche
Weltanschauung" für N. von so essentieller Bedeutung gewesen sei, habe er sich
später sogar „von ganz entgegengesetzten Richtungen" aus wieder „ihren
Grundgedanken" angenähert (ebd., 72). Dass N. in Wagner enthusiastisch „das
Ideal seines eigenen Wesens verkörpert zu sehen glaubte", gebe seinen Früh-
schriften ein spezifisches Fluidum: „etwas Gesundes, beinahe Naives, das von
der Eigenart seiner späteren Werke scharf absticht. Es ist, als sähe man ihn erst
an dem Bilde seines Meisters Wagner und an dessen Philosophen Schopenhauer
sich selbst begreifen und erraten" (ebd., 73). Diese Sicht ist durch N.s Umdeu-
tung von UB III SE und UB IV WB in Ecce homo präformiert (vgl. KSA 6, 313, 28 -
314, 10 und KSA 6, 319, 19 - 321, 6 sowie Kapitel IV.6).
Theodor Lessing erblickt in UB IV WB emphatisch „das Hohelied des
Wagnerschen Kulturgedankens" (Lessing 1906, 272), ohne indes die ambiva-
lenten Grundierungen wahrzunehmen, die schon dieser Schrift inhärent sind.
Summarisch schreibt Lessing über UB III SE und UB IV WB: „Niemals hat ein
Meysenbug ist UB IV WB „der unübertrefflich schöne Ausdruck für Alles
was man selbst diesem Menschen und seinem Werke gegenüber, empfindet.
Zu dem seltnen, einzigen Glücke Wagners - nach so vielem bitterem Unglück
und Leiden - gehört auch dieses, einen so reinen Spiegel gefunden zu haben,
in dem sein Bild sich zeigt wie es auf ewig den Erkennenden und Verstehenden
fest stehen muss. Und was Wagner mit seinen Werken, das thun Sie mit Ihren
Schriften. Sie zeigen der Menschheit ihre heiligen Ziele, wie es noch Keiner
gethan, selbst Schopenhauer nicht, schon im 3ten Stück, [...] und wenn die
Zeit kommt [...], wo man Wagner verstehen wird, wo er sein Volk gefunden
haben wird, dann wird man auch erst Sie ganz erkennen und mit tiefer Liebe
umfassen. Lassen Sie sich einstweilen an der Liebe der Wenigen genügen und
gönnen Sie mir das Recht auf Sie glücklich-stolz zu sein wie es nur eine Mutter
auf den geliebtesten Sohn sein könnte" (KGB II 6/1, Nr. 796, S. 361). - Auf N.s
Schrift Der Fall Wagner wird Malwida von Meysenbug 1888 dann mit tiefem
Befremden reagieren: „Ich bin auch der Ansicht daß man eine alte Liebe, selbst
wenn sie erloschen ist, nicht so behandeln darf wie Sie W<agner> behandeln;
man beleidigt sich damit selbst, denn man hat doch einmal ganz und voll ge-
liebt und der Gegenstand dieser Liebe war doch kein Phantom, sondern eine
ganze volle Wirklichkeit [...]" (KGB III 6, Nr. 591, S. 330).
In ihrem Buch Friedrich Nietzsche in seinen Werken konstatiert Lou Andreas-
Salome 1894, N. habe UB III SE und UB IV WB zwei „Unzeitgemäßen" als „Vor-
zeitgemäßen und Zukunftgemäßen" gewidmet (Andreas-Salome 1894, 69). An
diesen „mit überströmender Begeisterung aufgerichteten Standbildern des Geni-
us" sei zu erkennen, dass N.s „Kultur des Unzeitgemäßen in einem Kultus des
Genies" kulminiere (ebd., 69). Sein heroischer Geistesaristokratismus reiche von
UB III SE und UB IV WB bis zum Spätwerk. Da „die Wagner-Schopenhauersche
Weltanschauung" für N. von so essentieller Bedeutung gewesen sei, habe er sich
später sogar „von ganz entgegengesetzten Richtungen" aus wieder „ihren
Grundgedanken" angenähert (ebd., 72). Dass N. in Wagner enthusiastisch „das
Ideal seines eigenen Wesens verkörpert zu sehen glaubte", gebe seinen Früh-
schriften ein spezifisches Fluidum: „etwas Gesundes, beinahe Naives, das von
der Eigenart seiner späteren Werke scharf absticht. Es ist, als sähe man ihn erst
an dem Bilde seines Meisters Wagner und an dessen Philosophen Schopenhauer
sich selbst begreifen und erraten" (ebd., 73). Diese Sicht ist durch N.s Umdeu-
tung von UB III SE und UB IV WB in Ecce homo präformiert (vgl. KSA 6, 313, 28 -
314, 10 und KSA 6, 319, 19 - 321, 6 sowie Kapitel IV.6).
Theodor Lessing erblickt in UB IV WB emphatisch „das Hohelied des
Wagnerschen Kulturgedankens" (Lessing 1906, 272), ohne indes die ambiva-
lenten Grundierungen wahrzunehmen, die schon dieser Schrift inhärent sind.
Summarisch schreibt Lessing über UB III SE und UB IV WB: „Niemals hat ein