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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1,4): Kommentar zu Nietzsches "Unzeitgemässen Betrachtungen": III. Schopenhauer als Erzieher, IV. Richard Wagner in Bayreuth — Berlin, Boston: de Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69928#0540
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Stellenkommentar UB IV WB 8, KSA 1, S. 481 513

genheitsfixierung, indem er ihn sogar zu den „Rückständigsten großen Stils"
zählt, die „unsere Zeit aufzuweisen hat" (KSA 14, 122). Vgl. weitere Belege in
NK 509, 32 - 510, 6. Zu N.s Philosophie der Zukunft vgl. Volker Gerhardt 2011.
481, 13-15 dieser Glaube [...], je mehr er sich besonders zu sofortigen Hoffnun-
gen zu steigern suchte] „Glaube" und „Hoffnung" fungieren bereits in N.s Tra-
gödienschrift als wichtige Motive, und zwar im Hinblick auf die „Wiedergeburt
der Tragödie", die N. von Wagners Musikdramen erhofft. Vgl. dazu einschlägi-
ge Belege in der Geburt der Tragödie: KSA 1, 131, 10-32; 132, 18-19; 146, 31 -
147, 12.
481, 20-24 er musste das Unerrathbarste, ihm Vorbehaltenste, den neuen Styl
für seinen Vortrag, seine Darstellung öffentlich zeigen und lehren, um das Bei-
spiel zu geben, welches kein Anderer geben konnte und so eine Styl-Ueber-
lieferung zu begründen] Vgl. dazu die Schrift Über Schauspieler und Sänger
(1872), in der sich Richard Wagner folgendermaßen über den Nachahmungs-
trieb äußert: „Diesen primitiven Trieb, durch das ihm vorgeführte Bild des über
das gemeine sinnliche Leben der Erfahrungswelt erhabenen Ideales aller Wirk-
lichkeit, auf die Nachbildung des Niegesehenen und Nieerfahrenen hinzuwei-
sen, dieß heißt hier das Beispiel geben, welches, wenn es deutlich und klar
ausgedrückt ist, von dem Mimen, für den es zu allernächst auf das Bestimmte-
ste berechnet ist, am erfolgreichsten sofort verstanden und jetzt in der Weise,
wie ursprünglich die Erscheinung oder der Vorgang des realen Lebens, von
ihm nachgeahmt wird. Auf dieses Beispiel kommt es daher an, und im hier
berührten, besonderen Falle verstehen wir darunter das Werk des drama-
tischen Musikers. In diesem Betreffe müssen wir nun erkennen, daß es
eine unsinnige Forderung an unseren heutigen Opernsänger ist, von diesem
zu verlangen, er solle natürlich singen und spielen, wenn ihm das unnatürli-
che Beispiel vorgelegt wird. [...] Das, was ich zuvor als das unseren Darstellern
zu gebende ,Beispiel' bezeichnete, glaube ich mit dieser Arbeit am deutlichsten
aufgestellt zu haben [...]" (GSD IX, 206-211). Mit „dieser Arbeit" meint Wagner
hier die Vorbereitungen für die Erstaufführung seiner Oper Die Meistersinger von
Nürnberg. - Die Bedeutung, die der Komponist Wagner einer angemessenen Tra-
dierung seines musikalischen Stils und seiner Aufführungspraxis beimaß,
kommt in seiner Schrift Über das Dirigiren (1869) zum Ausdruck: „Unstreitig
kann es den Tonsetzern nicht gleichgiltig sein, in welcher Weise vorgetragen
ihre Arbeiten dem Publikum zu Gehör kommen, da dieses sehr natürlich erst
durch eine gute Aufführung von einem Musikwerke den richtigen Eindruck er-
halten kann, während es den durch eine schlechte Aufführung hervorgebrach-
ten unrichtigen Eindruck als solchen nicht zu erkennen vermag" (GSD VIII, 261).
481, 25-30 Diess war um so mehr für ihn zur ernstesten Pflicht geworden, als
seine anderen Werke inzwischen, gerade in Beziehung auf Styl des Vortrags, das
 
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