Überblickskommentar 11
In textgenetischer bzw. druckgeschichtlicher Hinsicht bemerkenswert ist
insbesondere das seit Herbst 1886 verfolgte Projekt, der Neuausgabe von FW
nun endlich auch das längst avisierte Fünfte Buch beizufügen, was auf N.s
eigene Rechnung geschehen sollte. N. griff dazu nicht etwa auf älteres Material
aus der Entstehungszeit der Erstausgabe zurück, sondern konzipierte einen
völlig neuen und eigengewichtigen Werkabschnitt, der somit freilich aus einer
anderen Schaffensphase stammt und dem Werk einen spezifischen Charakter
als Aggregat von Texten aus N.s ,mittlerer' und ,später' Periode verleiht. Sei-
nem neuen (und alten) Verleger Fritzsch sendet er das Manuskript des Fünften
Buchs Ende Dezember 1886 aus Nizza mit dem Hinweis zu, es handle sich um
den „Schlußtheil [...] der fröhlichen Wissenschaft, der von vornherein projek-
tirt war und nur unter den Consequenzen fataler Gesundheits-Zwischenfälle
damals nicht fertig wurde" (KSB 7/KGB III 3, Nr. 784, S. 296, Z. 9-12). Und ge-
genüber demselben Adressaten preist er das neu nummerierte Manuskript am
18. Februar 1887 folgendermaßen an: „Dies fünfte Buch der fröhl(ichen) Wis-
senschaft ist äußerst inhaltsreich und wird, wie mir scheint, die Anziehungs-
kraft des Ganzen bedeutend steigern." (KSB 8/KGB III 5, Nr. 801, S. 25, Z. 21-
23) Auffällig erscheint demgegenüber die Art und Weise, wie N. die Bedeutung
des Fünften Buchs nur wenige Tage vorher gegenüber Köselitz, der abermals
bei der Korrektur helfen sollte, herunterspielt. „Seien Sie nicht böse, lieber
Freund", heißt es im Brief vom 13. Februar, „gerade dies Mal geht es nicht
ohne Sie. Ich habe nämlich im letzten Oktober so geschwind wie möglich noch
ein fünftes Buch zu besagter ,Wissenschaft‘ hinzu gekritzelt [...] und bin jetzt
selber einigermaßen neugierig, was ich damals eigentlich geschrieben haben
mag." Besonders frappant aber ist die völlig äußerliche Begründung, die N.
hier nachträglich für das ,Hinzukritzeln' dieses neuen Werkabschnitts liefert:
Er habe ihn lediglich geschrieben, „um dem Ganzen eine Art Gleichwerthigkeit
mit der Morgenröthe zu geben, nämlich vom buchbinderischen Stand-
punkt aus" (KSB 8/KGB III 5, Nr. 800, S. 23, Z. 7-14).
Eine ähnliche Tiefstapelei legt N. kurz darauf infolge eines Missverständ-
nisses zwischen ihm und Fritzsch an den Tag, als dieser ihm den Korrekturbo-
gen von FW Anhang versehentlich mit Seitenzahlen zukommen ließ, die direkt
auf die Seitenzählung des Vierten Buchs folgten. N. dachte dabei nicht an ei-
nen Druckfehler, sondern glaubte, Fritzsch gebe ihm auf diese Weise zu verste-
hen, dass er kein Fünftes Buch für die Neuausgabe von FW wolle. N. reagiert
scheinbar verständnisvoll, ja gleichgültig: „endlich [...] begreife ich, daß Sie
die Vergrößerung der fröhlichen Wissenschaft durch das von mir projektirte
,fünfte Buch' nicht wünschen [...]. Aber warum schreiben Sie mir das nicht
einfach?" Und derselbe Autor, dem sonst jede Drucklegung zur schier uner-
träglichen Qual wird, weil er es nicht erwarten kann, die fertigen Exemplare
In textgenetischer bzw. druckgeschichtlicher Hinsicht bemerkenswert ist
insbesondere das seit Herbst 1886 verfolgte Projekt, der Neuausgabe von FW
nun endlich auch das längst avisierte Fünfte Buch beizufügen, was auf N.s
eigene Rechnung geschehen sollte. N. griff dazu nicht etwa auf älteres Material
aus der Entstehungszeit der Erstausgabe zurück, sondern konzipierte einen
völlig neuen und eigengewichtigen Werkabschnitt, der somit freilich aus einer
anderen Schaffensphase stammt und dem Werk einen spezifischen Charakter
als Aggregat von Texten aus N.s ,mittlerer' und ,später' Periode verleiht. Sei-
nem neuen (und alten) Verleger Fritzsch sendet er das Manuskript des Fünften
Buchs Ende Dezember 1886 aus Nizza mit dem Hinweis zu, es handle sich um
den „Schlußtheil [...] der fröhlichen Wissenschaft, der von vornherein projek-
tirt war und nur unter den Consequenzen fataler Gesundheits-Zwischenfälle
damals nicht fertig wurde" (KSB 7/KGB III 3, Nr. 784, S. 296, Z. 9-12). Und ge-
genüber demselben Adressaten preist er das neu nummerierte Manuskript am
18. Februar 1887 folgendermaßen an: „Dies fünfte Buch der fröhl(ichen) Wis-
senschaft ist äußerst inhaltsreich und wird, wie mir scheint, die Anziehungs-
kraft des Ganzen bedeutend steigern." (KSB 8/KGB III 5, Nr. 801, S. 25, Z. 21-
23) Auffällig erscheint demgegenüber die Art und Weise, wie N. die Bedeutung
des Fünften Buchs nur wenige Tage vorher gegenüber Köselitz, der abermals
bei der Korrektur helfen sollte, herunterspielt. „Seien Sie nicht böse, lieber
Freund", heißt es im Brief vom 13. Februar, „gerade dies Mal geht es nicht
ohne Sie. Ich habe nämlich im letzten Oktober so geschwind wie möglich noch
ein fünftes Buch zu besagter ,Wissenschaft‘ hinzu gekritzelt [...] und bin jetzt
selber einigermaßen neugierig, was ich damals eigentlich geschrieben haben
mag." Besonders frappant aber ist die völlig äußerliche Begründung, die N.
hier nachträglich für das ,Hinzukritzeln' dieses neuen Werkabschnitts liefert:
Er habe ihn lediglich geschrieben, „um dem Ganzen eine Art Gleichwerthigkeit
mit der Morgenröthe zu geben, nämlich vom buchbinderischen Stand-
punkt aus" (KSB 8/KGB III 5, Nr. 800, S. 23, Z. 7-14).
Eine ähnliche Tiefstapelei legt N. kurz darauf infolge eines Missverständ-
nisses zwischen ihm und Fritzsch an den Tag, als dieser ihm den Korrekturbo-
gen von FW Anhang versehentlich mit Seitenzahlen zukommen ließ, die direkt
auf die Seitenzählung des Vierten Buchs folgten. N. dachte dabei nicht an ei-
nen Druckfehler, sondern glaubte, Fritzsch gebe ihm auf diese Weise zu verste-
hen, dass er kein Fünftes Buch für die Neuausgabe von FW wolle. N. reagiert
scheinbar verständnisvoll, ja gleichgültig: „endlich [...] begreife ich, daß Sie
die Vergrößerung der fröhlichen Wissenschaft durch das von mir projektirte
,fünfte Buch' nicht wünschen [...]. Aber warum schreiben Sie mir das nicht
einfach?" Und derselbe Autor, dem sonst jede Drucklegung zur schier uner-
träglichen Qual wird, weil er es nicht erwarten kann, die fertigen Exemplare