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Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Walter de Gruyter GmbH & Co. KG [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,2, 1. Teilband): Kommentar zu Nietzsches "Die fröhliche Wissenschaft" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.73066#0035
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12 Die fröhliche Wissenschaft

endlich in den Händen zu halten, ruft sogar aus: „was liegt mir daran, ob Etwas
von mir heute oder morgen gedruckt wird!" - freilich nicht ohne in selbstverrä-
terischer Ungeduld sogleich hinzuzufügen: „Das Einzige, was ich perhorresci-
re, ist dagegen, durch das monatelange verfluchte Warten um Zeit und gute
Laune gebracht zu werden." (Brief an Fritzsch, 06.03. 1887, KSB 8/KGB III 5,
Nr. 813, S. 39, Z. 2-12) Dieselbe Ambivalenz zeigt sich auch in N.s Reaktion,
als Fritzsch das Missverständnis alsbald aufklärt; er antwortet diesem: „Um so
besser, wenn es sich nur um ein Mißverständniß handelt! [...] überdieß sollten
Sie wissen, daß ich Ihnen, Alles in Allem, sehr zugethan bin - wenn auch, im
Einzelnen, sehr wüthend" (12. 03.1887, KSB 8/KGB III 5, Nr. 817, S. 43, Z. 3-6).
Weshalb N. zunächst so gefasst, beinahe positiv auf die vermeintliche Ab-
lehnung des Drucks des Fünften Buches reagiert hatte, wird aus dem Brief an
Köselitz vom 7. März 1887, in dem er sich zugleich für dessen soeben angekom-
mene Korrektur des lyrischen „Anhangs" bedankt, ersichtlich. Offenbar zwei-
felte N. selbst daran, ob das Fünfte Buch überhaupt zu FW passe und nicht
vielmehr zu der jüngst erschienenen Schrift JGB, weshalb es ohnehin besser für
eine zweite Ausgabe dieses Werks aufzuheben wäre. N.s Wortwahl gegenüber
Köselitz lässt sogar durchblicken, dass er sich bewusst war, es lediglich mit
einer Interpretation, wenn nicht gar mit einer Projektion von Fritzschs Absicht
zu tun zu haben, wenn er schreibt: „Mit dem ,fünften Buche' [...] scheint besag-
ter Leipziger wenig einverstanden. Genug, wir lassen es vor der Hand unge-
druckt; vielleicht gehört es seinem Tone und Inhalte nach überdies mehr zu
Jenseits von G(ut) und B(öse) und dürfte diesem Werke bei einer zweiten Aufla-
ge einverleibt werden -, mit mehr Recht, wie mir jetzt scheint als jener
fröhl(ichen) Wissenschaft: so daß zuletzt hinter dem Widerstreben des Verle-
gers ein ,höherer Sinn', ein Stück blauen Himmels von Vernünftigkeit sichtbar
wird." (KSB 8/KGB III 5, Nr. 814, S. 40, Z. 6-16) Allerdings war N. sich hierüber
keineswegs sicher; als Fritzsch ihm am 9. März brieflich mitteilte, er habe über-
haupt nicht vor, für die zweite Ausgabe von FW auf das neue Fünfte Buch zu
verzichten, vollzog N. gleich wieder eine Kehrtwende - und mahnte zur eiligen
Erstellung der entsprechenden Druckbogen.
Über die Ankunft des ersten Bogens des Fünften Buchs in Nizza informiert
N. Fritzsch dann am 27. März 1887, um sich freilich am 4. April aus Cannobio
bei Köselitz schon darüber zu beklagen, dass der zweite Korrekturbogen noch
nicht angekommen sei. Als er dann seinem anderen Verleger Naumann in Leip-
zig am 15. April seine aktuelle Adresse mitteilt, fragt er diesen zugleich nach
Fritzsch und äußert seinen „Verdacht", letzterer sei „ein Bummelhans" (KSB 8/
KGB III 5, Nr. 833, S. 59, Z. 12). Wiederum an Köselitz geht am 19. April die
Nachricht ab, endlich habe er „den vorletzten Bogen des 5. Buchs" erhalten,
und N. schlägt seinem Helfer schon euphorisch vor, den Abschluss der Neuaus-
 
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