20 Die fröhliche Wissenschaft
in seinen Texten, so auch in FW (vgl. FW 97, FW 193, FW 335, FW 357, FW 370),
immer wieder - und oft kritisch - rekurriert (zu N. und Kant vgl. das dreibändige
Kompendium Nietzsche's Engagements with Kant and the Kantian Legacy, 2017).
Dasselbe gilt auch für andere Philosophen der ,Sattelzeit' um 1800. Von He-
gel, über den N. wiederholt schreibt, nicht zuletzt in FW (vgl. FW 99, 453-457
u. FW 357, 597-602), wusste er das Meiste wohl durch seine Lektüre der Werke
von dessen ,Erzfeind' Schopenhauer; im Katalog von N.s Bibliothek ist ledig-
lich eine 1870 erschienene Ausgabe von Hegels Encyklopädie der philosophi-
schen Wissenschaften im Grundrisse (Erstausgabe 1817) verzeichnet, die aller-
dings bereits 1875 wieder verkauft wurde (vgl. NPB 281; höchstwahrscheinlich
handelte es sich um einen broschierten Doppelband, der außerdem noch Karl
Rosenkranz' Erläuterungen zu Hegel's Encyklopädie der philosophischen Wissen-
schaften enthielt).
Deutlich besser bestückt war N.s Bibliothek mit zeitgenössischer Literatur
zu Themen, die damals Hochkonjunktur hatten und die auch N. intensiv auf-
griff. Insbesondere die bereits in MA und M präsente Problematik der ,Moral-
Genese', um die es ebenfalls in FW geht, findet sich vorgeprägt in den Werken
von Paul Ree, mit dem N. seit 1875 befreundet war und während der Entste-
hungszeit von FW eine schwierige Dreiecksbeziehung zu Lou von Salome un-
terhielt. Zu nennen ist hier vor allem Rees Buch Der Ursprung der moralischen
Empfindungen, das 1877 in Chemnitz erschienen war und seinerseits auf dem
Austausch mit N. beruhte. Das Exemplar aus N.s Bücherbesitz trägt auf dem
Schmutztitel Rees Widmung: „Dem Vater dieser Schrift dankbarst deren Mut-
ter." Als Bezugstext für FW kommt Rees Buch etwa mit Blick auf die Problematik
des Gewissens und der Strafe (vgl. FW 117, FW 219) in Betracht. Zum moralphilo-
sophischen Problemkomplex gehört auch das - wie die vielen Unterstreichun-
gen und Randnotizen zeigen - von N. intensiv gelesene Werk von Johann Julius
Baumann: Handbuch der Moral nebst Abriss der Rechtsphilosophie (1879), das
in mehreren Abschnitten von FW Spuren hinterlassen hat (vgl. FW 3, FW 127,
FW 280, FW 329). Im Jahr 1880 kaufte N. ein ebenfalls in diesen thematischen
Kontext einzuordnendes Werk, das er nicht minder gründlich durcharbeitete
und auch in FW ,verarbeitete' (vgl. FW 1, FW 4, FW 373), nämlich Herbert Spen-
cers im Jahr zuvor auf Deutsch erschienene Thatsachen der Ethik (englische
Originalausgabe 1879). Auch darüber hinaus setzt N. in FW die schon früher
begonnene kritische Auseinandersetzung mit dem englischen Utilitarismus
fort, der die Moral mit dem gesellschaftlichen Nutzen engführt (vgl. hierzu
FW 345). Hauptsächlich beschäftigte er sich, neben seiner Spencer-Lektüre, mit
den Schriften John Stuart Mills, die er gleichfalls in deutscher Übersetzung
für seine persönlichen Bibliothek erworben hatte. Hervorzuheben ist hier die
Auseinandersetzung mit Mills Schrift Utilitarianism, deren Originalausgabe
in seinen Texten, so auch in FW (vgl. FW 97, FW 193, FW 335, FW 357, FW 370),
immer wieder - und oft kritisch - rekurriert (zu N. und Kant vgl. das dreibändige
Kompendium Nietzsche's Engagements with Kant and the Kantian Legacy, 2017).
Dasselbe gilt auch für andere Philosophen der ,Sattelzeit' um 1800. Von He-
gel, über den N. wiederholt schreibt, nicht zuletzt in FW (vgl. FW 99, 453-457
u. FW 357, 597-602), wusste er das Meiste wohl durch seine Lektüre der Werke
von dessen ,Erzfeind' Schopenhauer; im Katalog von N.s Bibliothek ist ledig-
lich eine 1870 erschienene Ausgabe von Hegels Encyklopädie der philosophi-
schen Wissenschaften im Grundrisse (Erstausgabe 1817) verzeichnet, die aller-
dings bereits 1875 wieder verkauft wurde (vgl. NPB 281; höchstwahrscheinlich
handelte es sich um einen broschierten Doppelband, der außerdem noch Karl
Rosenkranz' Erläuterungen zu Hegel's Encyklopädie der philosophischen Wissen-
schaften enthielt).
Deutlich besser bestückt war N.s Bibliothek mit zeitgenössischer Literatur
zu Themen, die damals Hochkonjunktur hatten und die auch N. intensiv auf-
griff. Insbesondere die bereits in MA und M präsente Problematik der ,Moral-
Genese', um die es ebenfalls in FW geht, findet sich vorgeprägt in den Werken
von Paul Ree, mit dem N. seit 1875 befreundet war und während der Entste-
hungszeit von FW eine schwierige Dreiecksbeziehung zu Lou von Salome un-
terhielt. Zu nennen ist hier vor allem Rees Buch Der Ursprung der moralischen
Empfindungen, das 1877 in Chemnitz erschienen war und seinerseits auf dem
Austausch mit N. beruhte. Das Exemplar aus N.s Bücherbesitz trägt auf dem
Schmutztitel Rees Widmung: „Dem Vater dieser Schrift dankbarst deren Mut-
ter." Als Bezugstext für FW kommt Rees Buch etwa mit Blick auf die Problematik
des Gewissens und der Strafe (vgl. FW 117, FW 219) in Betracht. Zum moralphilo-
sophischen Problemkomplex gehört auch das - wie die vielen Unterstreichun-
gen und Randnotizen zeigen - von N. intensiv gelesene Werk von Johann Julius
Baumann: Handbuch der Moral nebst Abriss der Rechtsphilosophie (1879), das
in mehreren Abschnitten von FW Spuren hinterlassen hat (vgl. FW 3, FW 127,
FW 280, FW 329). Im Jahr 1880 kaufte N. ein ebenfalls in diesen thematischen
Kontext einzuordnendes Werk, das er nicht minder gründlich durcharbeitete
und auch in FW ,verarbeitete' (vgl. FW 1, FW 4, FW 373), nämlich Herbert Spen-
cers im Jahr zuvor auf Deutsch erschienene Thatsachen der Ethik (englische
Originalausgabe 1879). Auch darüber hinaus setzt N. in FW die schon früher
begonnene kritische Auseinandersetzung mit dem englischen Utilitarismus
fort, der die Moral mit dem gesellschaftlichen Nutzen engführt (vgl. hierzu
FW 345). Hauptsächlich beschäftigte er sich, neben seiner Spencer-Lektüre, mit
den Schriften John Stuart Mills, die er gleichfalls in deutscher Übersetzung
für seine persönlichen Bibliothek erworben hatte. Hervorzuheben ist hier die
Auseinandersetzung mit Mills Schrift Utilitarianism, deren Originalausgabe