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Kaufmann, Sebastian; Nietzsche, Friedrich; Walter de Gruyter GmbH & Co. KG [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 3,2, 1. Teilband): Kommentar zu Nietzsches "Die fröhliche Wissenschaft" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.73066#0078
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Überblickskommentar 55

„das, was ich die grosse Gesundheit nenne", heißt es in EH Za 2 über
das Fünfte Buch dann lediglich: „Ich weiss diesen Begriff nicht besser, nicht
persönlicher zu erläutern, als ich es schon gethan habe, in einem der
Schlussabschnitte des fünften Buchs der ,gaya scienza'" (KSA 6, 337, 19-22),
woraufhin FW 382 im Ganzen zitiert wird. Wenngleich offenbar der Anschein
aufrechterhalten werden soll, FW sei ein homogen konzipiertes ,persönliches'
Werk, macht N. damit doch zumindest auf das Fünfte Buch aufmerksam.
Dass FW V, ungeachtet der öffentlichen Verschleierung seiner späteren Ent-
stehung, in den Augen N.s eine besondere Bedeutung zukam, geht freilich auch
aus anderen Äußerungen hervor. In GM III, 24 etwa empfiehlt er mit Blick auf
eine erforderliche Kritik des „Wille[ns] zur Wahrheit [...], jenen Abschnitt der
,fröhlichen Wissenschaft' nachzulesen, welcher den Titel trägt: ,Inwiefern auch
wir noch fromm sind' [...], am besten das ganze fünfte Buch des genannten
Werks" (KSA 5, 401, 23 u. 26-29). In seinen privaten Korrespondenzen wiederum
betont N. ganz offen die große Relevanz gerade der späten Zusätze als solcher.
So schreibt er Ende Dezember 1886, noch vor dem Abschluss des Neudrucks, an
seinen Verleger Fritzsch: „Wenn die Vorreden zu letztgenannten Werken [Μ und
FW], insgleichen jener fünfte Abschnitt [sc. das Fünfte Buch] der fröhl(ichen)
Wiss(enschaft) sammt den ,Liedern des Prinzen Vogelfrei' gedruckt sind, dann
ist in der That etwas Wesentliches gethan, um das Verständniß meiner gan-
zen Litteratur (und Person) zu erleichtern. Und namentlich wird man begrei-
fen, daß wer erst mit mir ,angebunden' hat, auch Schritt für Schritt mit mir
weiter muß. -" (KSB 7/KGB III 3, Nr. 784, S. 296, Z. 25-31) Entsprechend
wünscht er sich denn auch von Verwandten und Bekannten, sie mögen FW
(wie auch M) in der „neuen Ausgabe[]" lesen (an Paul Deussen, 03. 01. 1888,
KSB 8/KGB III 5, Nr. 969, S. 222, Z. 65-69), wobei wahlweise - wie in EH FW in
Bezug auf „An den Mistral" - von „meiner Immoralisten-Litteratur"
(ebd., S. 222, Z. 66 f.) die Rede ist, aber auch davon, es handle sich um „mein
mittelstes Buch, - sehr viel feines Glück, sehr viel Halkyonismus ..." (an
Carl Fuchs, 29. 07. 1888, KSB 8/KGB III 5, Nr. 1075, S. 376, Z. 72 f.). Schon der
Begriff des Halkyonischen, der bei N. erst ab 1885 auftaucht (vgl. Stephan 2016)
und mit dem man laut Meyer 1885-1892, 8, 18 sprichwörtlich „glückliche Tage
heiterer Ruhe bezeichnet", deutet darauf hin, dass „mittelstes Buch" wohl
nicht im Sinne einer Werkperiodisierung, sondern eines sich darin manifestie-
renden Gemüts- und Geisteszustands zu verstehen ist. Ob sich dies nun aber
auf die Entstehung der Erstausgabe bezieht, wie die im Herbst 1886 verfasste,
rückblickende „Vorrede zur zweiten Ausgabe" nahelegt (vgl. ΝΚ Vorrede 1),
oder doch auf den Zeitraum der Arbeit am „fünfte[n] Buch der gaya scienza,
das ich besonders empfehle" (an Meta von Salis, 14.09. 1887, KSB 8/
KGB III 5, Nr. 908, S. 151 f., Z. 40 f.), bleibt offen.
 
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