Stellenkommentar FW Vorspiel 62-63, KSA 3, S. 367 245
das heisst für uns Alles, was wir sind, beständig in Licht und Flamme verwan-
deln, auch Alles, was uns trifft, wir können gar nicht anders." (349, 34-350,
2) Als lebende Flamme inszeniert sich auch der Sprecher von FW 293 im Vier-
ten Buch (siehe 534, 20-26). Vgl. ebenfalls das nachgelassene Notat aus dem
Za-Umkreis NL 1883, 13[1], wo Zarathustra von sich sagt: „Brand und Verbren-
nung ist mein Leben" (KSA 10, 426, 13) und: „Ein Brand und eine Gefahr will
ich heißen allen trockenen Seelen: glühende Asche soll vor mir herstäuben."
(KSA 10, 436, If.)
367, 17 verzehr'] In M III 6, 26 noch ohne Apostroph.
367, 17 verzehr' ich mich.] Mp XVIII 3, 41: „VERZEHR ICH MICH:".
367, 19 Kohle Alles, was ich lasse:] Mp XVIII 3, 41: „KOHLE ALLES WAS ICH
LASSE-".
367, 20 sicherlich.] Μ III 6, 26: „sicherlich!"
63.
Sternen-Moral.] Titel- und wortgleiche Handschrift mit Korrekturen in
Μ III 3, 27. Das Schlussgedicht greift das Sternenmotiv wieder auf, das bereits
in früheren Gedichten von FW Vorspiel begegnet. Das lyrische Ich spricht jetzt
jedoch nicht in der ersten Person von sich selbst als Stern wie in FW Vorspiel 29
(mit dem komplementären Titel „Sternen-Egoismus") oder in der dritten
Person über jemanden, der Sterne sieht, wie in FW Vorspiel 40, sondern in der
zweiten Person zu einem Stern. Dabei wird die im Titel genannte „Sternen-
Moral" in den beiden letzten Verszeilen normativ verkündet: als Mitleids-Ver-
bot und als Reinheits-Gebot. Denkbar bleibt freilich, dass es sich um eine
Selbstansprache handelt. Formal kombiniert FW Vorspiel 63 drei paar reimende
Verspaare aus jambischen Vierhebern mit durchweg männlicher Kadenz (zu die-
ser Form vgl. bereits ΝΚ FW Vorspiel 21) mit einer siebten, für sich stehenden
Zeile, die auf die Verse 5 und 6 reimt. Inhaltliche Parallelen ergeben sich mit
dem Schluss des ebenfalls mitleidskritischen Abschnitts FW 338 gegen Ende des
Vierten Buchs.
Zu den „vollkommensten Sprüche[n] Nietzsches" zählt Bertram 1918, 218
das Schlussgedicht des Vorspiels, in dem er wie auch schon in anderen Gedich-
ten einen Anklang an Goethes West-östlichen Divan vernimmt (einen anderen
Goethe-Bezug spürt Benne 2015a, 48 auf; vgl. NK 367, 29). Römer 1921, 1, 93
sieht in dem Schlussgedicht die „geistige Redlichkeit" (vgl. hierzu NK 464, 10-
19) gestaltet, „die nicht von der Moral angekränkelt ist". Eine Allusion auf
Emersons Essay Geistige Gesetze, wie auch schon im vorletzten Gedicht, ver-
das heisst für uns Alles, was wir sind, beständig in Licht und Flamme verwan-
deln, auch Alles, was uns trifft, wir können gar nicht anders." (349, 34-350,
2) Als lebende Flamme inszeniert sich auch der Sprecher von FW 293 im Vier-
ten Buch (siehe 534, 20-26). Vgl. ebenfalls das nachgelassene Notat aus dem
Za-Umkreis NL 1883, 13[1], wo Zarathustra von sich sagt: „Brand und Verbren-
nung ist mein Leben" (KSA 10, 426, 13) und: „Ein Brand und eine Gefahr will
ich heißen allen trockenen Seelen: glühende Asche soll vor mir herstäuben."
(KSA 10, 436, If.)
367, 17 verzehr'] In M III 6, 26 noch ohne Apostroph.
367, 17 verzehr' ich mich.] Mp XVIII 3, 41: „VERZEHR ICH MICH:".
367, 19 Kohle Alles, was ich lasse:] Mp XVIII 3, 41: „KOHLE ALLES WAS ICH
LASSE-".
367, 20 sicherlich.] Μ III 6, 26: „sicherlich!"
63.
Sternen-Moral.] Titel- und wortgleiche Handschrift mit Korrekturen in
Μ III 3, 27. Das Schlussgedicht greift das Sternenmotiv wieder auf, das bereits
in früheren Gedichten von FW Vorspiel begegnet. Das lyrische Ich spricht jetzt
jedoch nicht in der ersten Person von sich selbst als Stern wie in FW Vorspiel 29
(mit dem komplementären Titel „Sternen-Egoismus") oder in der dritten
Person über jemanden, der Sterne sieht, wie in FW Vorspiel 40, sondern in der
zweiten Person zu einem Stern. Dabei wird die im Titel genannte „Sternen-
Moral" in den beiden letzten Verszeilen normativ verkündet: als Mitleids-Ver-
bot und als Reinheits-Gebot. Denkbar bleibt freilich, dass es sich um eine
Selbstansprache handelt. Formal kombiniert FW Vorspiel 63 drei paar reimende
Verspaare aus jambischen Vierhebern mit durchweg männlicher Kadenz (zu die-
ser Form vgl. bereits ΝΚ FW Vorspiel 21) mit einer siebten, für sich stehenden
Zeile, die auf die Verse 5 und 6 reimt. Inhaltliche Parallelen ergeben sich mit
dem Schluss des ebenfalls mitleidskritischen Abschnitts FW 338 gegen Ende des
Vierten Buchs.
Zu den „vollkommensten Sprüche[n] Nietzsches" zählt Bertram 1918, 218
das Schlussgedicht des Vorspiels, in dem er wie auch schon in anderen Gedich-
ten einen Anklang an Goethes West-östlichen Divan vernimmt (einen anderen
Goethe-Bezug spürt Benne 2015a, 48 auf; vgl. NK 367, 29). Römer 1921, 1, 93
sieht in dem Schlussgedicht die „geistige Redlichkeit" (vgl. hierzu NK 464, 10-
19) gestaltet, „die nicht von der Moral angekränkelt ist". Eine Allusion auf
Emersons Essay Geistige Gesetze, wie auch schon im vorletzten Gedicht, ver-