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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,2): Kommentar zu Nietzsches "Zur Genealogie der Moral" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.70912#0174
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Stellenkommentar GM I 10, KSA 5, S. 272 155

u. im tadelnden Sinne, frech, dreist, frevelhaft [...] 2) im Dulden geübt, dah.
geplagt, leidvoll, elend, unglücklich" (Passow 1841-1857, 2/2, 1919).
272, 11 övgtvxcTv] Griechisch: „unglücklich seyn, Missgeschick haben, bes. in
Schlachten u. Kämpfen, besiegt werden" (Passow 1841-1857, 1/1, 746).
272, 11 fyp^opd] Nebenform von crop^opd. Griechisch, eigentlich: „das Zu-
sammentragen, Zusammenbringen, Sammeln", dann sowohl „das Glück, die
Wohlfahrt", als auch „Unheil, Unglück, Unfall, Ungemach, Missgeschick, Wi-
derwärtigkeit, Leiden, Uebel" (Passow 1841-1857, 2/2, 1650). „Aber wo es gilt
eine einzelne in ihrer Entstehungsweise und ihren Motiven genau erkennbare
verkehrte Handlung zum Gegenstände des Urtheils zu machen, da hat das Grie-
chische eine Reihe von Abstufungen, durch welche das geringere oder grössere
Maass der nach der Absicht des Redenden ihrem Urheber zuzurechnenden
Schuld zur Darstellung gebracht wird. Nicht selten waltet das Interesse diese
überhaupt verschwinden oder doch im Ausdruck völlig zurücktreten zu lassen:
in diesem Falle lag es um so näher die That ein ,Missgeschick' — cropcpopd —
zu nennen, da jene Vorstellungsreihe, nach welcher auch der keineswegs
schuldlose Sünder als ein unglücklicher dasteht, tief in den Gemüthern haftete
und sich in der Sprache mannigfach ausprägte." (Schmidt 1882b, 1, 372, dop-
pelte Randanstreichung von N.s Hand.) Vgl. NL 1887, KSA 12, 8[5], 337 nach
Schmidt 1882b, 1, 373 f. (nachgewiesen bei Brusotti 1992b, 130, Fn. 6).
272, 16-20 und ebenfalls wussten sie, als volle, mit Kraft überladene, folglich
nothwendig aktive Menschen, von dem Glück das Handeln nicht abzutren-
nen, — das Thätigsein wird bei ihnen mit Nothwendigkeit in's Glück hineingerech-
net (woher ev npaTTSiv seine Herkunft nimmt)] Die griechische Wendung „ev
npÜTTEiv" bedeutet sowohl „Gutes tun", „gut handeln", als auch - namentlich
in der Grußformel - „es sich gut gehen lassen" (vgl. Platon: Gorgias 495a u.
Politeia 353e). Die Vorlage für diese Stelle ist, wie Brusotti 1992b, 128 nachge-
wiesen hat, folgender Passus aus Schmidts Ethik der alten Griechen: „Jener Zug
zur Vermischung des menschlichen Schicksals mit dem menschlichen Thun ist
uns schon im Obigen in vereinzelten Beispielen entgegengetreten. Wir lernten
das für die Vorstellungswelt des älteren Griechenthums so charakteristische
Substantiv Arete, welches die Begriffe der Tüchtigkeit und des Gedeihens in
sich vereinigt und allmählich zum Ausdruck für die sittliche Vollkommenheit
geprägt worden ist, [...] eine damit verwandte Erscheinung ist der Uebergang
des Wortes für ,Schlechtigkeit' — KaKorric; — in die Bedeutung des Unglücks;
die gewichtigste hierher gehörige Thatsache aber ist die [...] Gewohnheit der
Griechen das Verbum, welches eigentlich ,handeln' oder ,machen' heißt, -
npöiTTEiv - nicht bloss im Allgemeinen in mannigfachen Verbindungen auf das
zuständliche Ergehen eines Individuums zu übertragen, sondern namentlich
 
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